„Die Crux mit dem Pro­spekt“

Die Ver­mitt­lung von geschlos­se­nen Fonds­be­tei­li­gun­gen an (ver­meint­lich) sicher­heits­ori­en­tier­te Anle­ger beschäf­tigt nach wie vor vie­le Gerich­te und dem­entspre­chend auch die Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­run­gen der Ver­mitt­ler. Oft kommt es in die­sen Fäl­len zu Irri­ta­tio­nen, weil die deckungs­recht­li­che Prü­fung auf Grund­la­ge der­je­ni­gen Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen zu erfol­gen hat, die zum Zeit­punkt der Anla­ge­ver­mitt­lun­g/-bera­tung gal­ten (Ver­stoß­prin­zip). Die­se unter­schei­den sich z.T. erheb­lich von jün­ge­ren Bedin­gungs­wer­ken – vor allem seit Ein­füh­rung des § 34 f GewO.

A. Sach­ver­halt

Mak­ler M betreu­te bereits seit den 90er Jah­ren die pri­va­ten Ver­si­che­rungs­ver­trä­ge sei­nes Kun­den A. Nach­dem A 2003 eine grö­ße­re Erb­schaft gemacht hat­te, rück­ten jedoch zuneh­mend auch Kapi­tal­an­la­ge­mo­del­le in den Fokus der Bera­tungs­ge­sprä­che. So inves­tier­te A in den Fol­ge­jah­ren u.a. in Invest­ment­fonds­an­tei­le. Ende 2008 stell­te M dem A dann eine Betei­li­gung an einem geschlos­se­nen Fonds vor, die eine attrak­ti­ve Ren­di­te ver­sprach. Nach län­ge­rer Bedenk­zeit zeich­ne­te A eine Betei­li­gung in Höhe von 20.000 EUR zuzüg­lich Agio in Höhe von 1.000 EUR.

B. Haf­tungs­ebe­ne

Anfangs ver­lief die­ses Invest­ment tat­säch­lich auch so wie von Anle­ger und Mak­ler erhofft, 2012 blie­ben dann aller­dings die bis dahin regel­mä­ßig geleis­te­ten Aus­schüt­tun­gen aus. Die Fonds­ge­sell­schaft muss­te schließ­lich – nach­dem ver­schie­de­ne Sanie­rungs­ver­su­che geschei­tert waren – Insol­venz anmel­den. A mit dem dro­hen­den Ver­lust des ange­leg­ten Gel­des kon­fron­tiert ver­lang­te dar­auf­hin Scha­dens­er­satz von M. Anwalt­lich warf er dem M vor, ihn nicht hin­rei­chend über die Risi­ken der Kapi­tal­an­la­ge auf­ge­klärt zu haben. So sei ein etwa­iges Total­ver­lust­ri­si­ko nicht Gegen­stand der Bera­tungs­ge­sprä­che gewe­sen. Zudem wur­de gerügt, dass der dem A über­ge­be­ne Pro­spekt erheb­li­che Feh­ler auf­wei­se. Unter ande­rem sei die pro­spek­tier­te Ren­di­te mit den von der Fonds­ge­sell­schaft geplan­ten Inves­ti­tio­nen von vorn­her­ein nicht zu erzie­len gewe­sen.

C. Deckungs­ebe­ne

M mel­de­te den Vor­gang sei­ner Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung. Die­se ver­wies zunächst auf die maß­geb­li­chen Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen und for­der­te von M Nach­wei­se dar­über an, dass die­ser den A auf das Total­ver­lust­ri­si­ko hin­ge­wie­sen und den Ver­kaufs­pro­spekt vor der Zeich­nung über­ge­ben habe. Wei­ter­hin for­der­te man die Doku­men­ta­ti­on der streit­ge­gen­ständ­li­chen Bera­tung und ein Risi­ko­pro­fil des A an. Letz­te­res konn­te M kurz­fris­tig bei­brin­gen. Eine Bera­tungs­do­ku­men­ta­ti­on war für M zunächst nicht auf­find­bar. Viel­fach wei­sen Ver­mitt­ler in die­ser Situa­ti­on dar­auf hin, dass in der Ver­gan­gen­heit kei­ne Pflicht zur Doku­men­ta­ti­on bestand. Das ist nur teil­wei­se rich­tig. Tat­sa­che ist, dass es vor Inkraft­tre­ten der Finanz­an­la­gen­ver­mitt­ler­ver­ord­nung (Fin­VermV) kei­ne gesetz­li­che Ver­pflich­tung gab ein Bera­tungs­pro­to­koll anzu­fer­ti­gen. Die Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen zur Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung sahen jedoch schon Jah­re vor Inkraft­tre­ten der Fin­VermV  regel­mä­ßig eine (ver­trag­li­che) Ein­schrän­kung der Deckung vor, wenn kein Bera­tungs­pro­to­koll vor­ge­legt wer­den konn­te (sog. Deckungs­vor­aus­set­zung). Inso­fern war es nicht zu bean­stan­den, dass die Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen ablehn­te.

M sich­te­te dar­auf­hin noch­mals die von ihm archi­vier­ten Unter­la­gen und konn­te sei­nem Ver­si­che­rer schließ­lich ein vom Anle­ger unter­zeich­ne­tes Gesprächs­pro­to­koll vor­le­gen, wel­ches sich neben der Bera­tung zu einer Kapi­tal­le­bens­ver­si­che­rung auch auf die Bera­tung zur streit­ge­gen­ständ­li­chen Fonds­be­tei­li­gung bezog und zugleich den Nach­weis lie­fer­te, dass der Ver­kaufs­pro­spekt über­ge­ben und auf das Total­ver­lust­ri­si­ko hin­ge­wie­sen wor­den war. Gleich­wohl lehn­te es der Ver­si­che­rer ab, dem Mak­ler den erwünsch­ten Abwehr­schutz zu bestä­ti­gen. Begrün­det wur­de dies damit, dass Haft­pflicht­an­sprü­che aus­ge­schlos­sen sei­en

„die sich dar­aus erge­ben, dass der Ver­si­che­rungs­neh­mer Pro­spek­te erstellt, über­ar­bei­tet, wei­ter­ge­lei­tet oder in Umlauf gebracht hat oder sonst unter dem Gesichts­punkt der Pro­spekt­haf­tung in Anspruch genom­men wird.

D. Wer­tung

Tat­säch­lich hat­te der Rechts­an­walt des A auf ver­schie­de­ne Pro­spekt­feh­ler hin­ge­wie­sen. Bei genau­er Lek­tü­re des For­de­rungs­schrei­bens stell­te man jedoch fest, dass die Haf­tung des M nicht unmit­tel­bar hier­auf gestützt wur­de. Viel­mehr warf man M aus­drück­lich vor, dass er anhand des Pro­spek­tes hät­te erken­nen müs­sen, dass das Geschäfts­kon­zept der Fonds­ge­sell­schaft nicht plau­si­bel gewe­sen sei. Inso­fern ging es also bei der Haft­bar­ma­chung des M nicht um Ansprü­che aus Pro­spekt­haf­tung im eigent­li­chen Sin­ne, son­dern um eine (ver­meint­lich) man­gel­haf­te Plau­si­bi­li­täts­prü­fung. Die­se soll­te nach unse­rem Ver­ständ­nis jedoch nicht durch die oben zitier­te Klau­sel aus­ge­schlos­sen wer­den. Auch die Aus­hän­di­gung des Pro­spek­tes an den Anle­ger recht­fer­tig­te u.E. kei­nen Aus­schluss wegen „Wei­ter­lei­tung des Pro­spek­tes“. Denn woll­te man die Klau­sel der­art ver­stan­den wis­sen, hät­te man die Ver­si­che­rungs­neh­mer dazu ange­lei­tet, Ver­kaufs­pro­spek­te nicht aus­zu­hän­di­gen und dadurch womög­lich in eine wei­te­re Pflicht­ver­let­zung getrie­ben. Die­sem Hin­weis aus unse­rem Hau­se konn­te sich auch der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer nicht ver­schlie­ßen und gewähr­te letzt­lich doch den von M begehr­ten Abwehr­schutz.