„Drum prü­fe wer sich bin­det…“

In der täg­li­chen Bera­tungs­pra­xis gibt es viel­fäl­ti­ge Mög­lich­kei­ten für Koope­ra­tio­nen zwi­schen Ver­mitt­lern. Eine sol­che Zusam­men­ar­beit soll­te in jedem Fall auf ein siche­res recht­li­ches Fun­da­ment, sprich einen schrift­li­chen Ver­trag gegrün­det wer­den, der die gegen­sei­ti­gen Rech­te und Pflich­ten und ins­be­son­de­re auch den Umfang der zu erbrin­gen­den Tätig­kei­ten genau defi­niert.

Weil Mak­ler M1 eine Anbin­dung an ver­schie­de­ne Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaf­ten fehl­te, war er in der Ver­gan­gen­heit teil­wei­se auch als Unter­ver­mitt­ler für die Mak­ler-GmbH (M2) tätig. Neben Ver­si­che­rungs­pro­duk­ten beriet M1 „sei­ne“ Kun­den jedoch auch zu Kapi­tal­an­la­gen, ins­be­son­de­re zu geschlos­se­nen Fonds. So auch im Jahr 2012, als der Inter­es­sent A eigent­lich eine Bera­tung zum The­ma Berufs­un­fä­hig­keit erbat, dann aber außer­dem auch noch eine fonds­ge­bun­de­ne Ren­ten­ver­si­che­rung und eine Schiffs­be­tei­li­gung über 15.000 EUR abschloss. Mit letz­te­rer zeig­te sich A in der Rück­schau lei­der nicht zufrie­den – er war zuvor diver­se Male von Rechts­an­walts­kanz­lei­en ange­schrie­ben wor­den, die ihm ver­si­chert hat­ten, den Anle­gern dro­he ein Total­ver­lust – und ver­lang­te von M1 die Erstat­tung sei­ner Anla­ge­sum­me. M1 lehn­te dies brüsk ab. Dar­auf­hin schal­te­te A einen Rechts­an­walt ein. Die­ser setz­te Ende 2018 ein an M2 adres­sier­tes For­de­rungs­schrei­ben auf. M2, die selbst aus­schließ­lich als Ver­si­che­rungs­mak­le­rin tätig war, reich­te das Schrei­ben an M1 wei­ter. Man wähn­te sich zu Unrecht in Anspruch genom­men und wies M1 an, sich „dar­um zu küm­mern.“ M1 tat dies in der Form, dass er eine Scha­dens­mel­dung an sei­nen Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer (VSH1) ver­an­lass­te.

Die­ser sah nach Sich­tung der Unter­la­gen jedoch kei­ne Not­wen­dig­keit aktiv zu wer­den. Anspruchs­geg­ner sei die M2 GmbH, Ver­si­che­rungs­neh­mer der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung jedoch M1. Man reg­te eine Mel­dung des Falls zum Ver­trag der M2 an.

Zwi­schen­zeit­lich war aller­dings die außer­ge­richt­lich vom Rechts­an­walt des A gesetz­te Frist abge­lau­fen und die­ser hat­te unmit­tel­bar Kla­ge beim ört­lich zustän­di­gen Land­ge­richt erho­ben. Die Kla­ge­schrift wur­de der M2 sogar noch vor der Rück­mel­dung von deren Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer (VSH2) zuge­stellt. Letzt­lich kam es dar­auf jedoch gar nicht an, denn der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer lehn­te es ab, die von M2 begehr­te Kos­ten­schutz­zu­sa­ge zu ertei­len. Ver­si­chert sei ledig­lich die Tätig­keit als Ver­si­che­rungs­ver­mitt­ler nach § 34d GewO. Die Ver­mitt­lung geschlos­se­ner Fonds sei weder zum Ver­stoß­zeit­punkt noch zu einem spä­te­ren Zeit­punkt ver­si­chert gewe­sen.

M2 blieb also zunächst nichts ande­res übrig, als auf eige­ne Rech­nung einen Anwalt zu beauf­tra­gen. Die Hoff­nung, die Kla­ge abweh­ren zu kön­nen, erfüll­te sich aller­dings nicht. Nach münd­li­cher Ver­hand­lung, in deren Ver­lauf M1 als Zeu­ge gehört wor­den war, wur­de auf Drän­gen des Gerich­tes ein Ver­gleich geschlos­sen, der weit über­wie­gend den For­de­run­gen des Klä­gers Rech­nung trug. Die Argu­men­ta­ti­on der M2, sie sei die fal­sche Beklag­te, A sei von M1 im eige­nen Namen bera­ten wor­den, über­zeug­te das Gericht nicht. Das lag in ers­ter Linie an dem von M1 nach außen gesetz­ten Rechts­schein. Auf dem Zeich­nungs­schein hat­te M1 sich zwar selbst mit Unter­schrift im Feld „Ver­mitt­ler“ ver­ewigt, aller­dings hat­te er zugleich auch noch einen Fir­men­stem­pel ver­wen­det, der ihn als Han­dels­ver­tre­ter der M2 aus­wies. Die recht rudi­men­tä­re Bera­tungs­do­ku­men­ta­ti­on war eben­falls auf Geschäfts­pa­pier der M2 ange­fer­tigt wor­den, was zwar nicht dem Wil­len der M2 ent­sprach, zumin­dest aber inso­fern kon­se­quent war, als dass man bei der Bera­tung offen­bar naht­los von den Ver­si­che­rungs­pro­duk­ten zu der Fonds­be­tei­li­gung über­ge­gan­gen war. Auch der ein­zi­ge schrift­li­che fixier­te Kun­den­auf­trag, der Mak­ler­ver­trag, der eigent­lich nur die Ver­mitt­lung von Ver­si­che­run­gen betref­fen soll­te, wies nur auf M2 hin.

Die M2 war natür­lich nicht gewillt, die Zeche allein zu zah­len und nahm M1 in Regress, weil er gegen Vor­ga­ben aus der gemein­sa­men Ver­mitt­lungs­ver­ein­ba­rung ver­sto­ßen hät­te. M1 infor­mier­te dar­auf­hin zum zwei­ten Mal sei­ne Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung (VSH1) und bat dar­um, die For­de­run­gen zu regu­lie­ren. Im Gegen­satz zu M2 hat­te er die Ver­mitt­lung von geschlos­se­nen Fonds durch­aus ver­si­chert und kei­ne Zwei­fel, dass ihm Ver­si­che­rungs­schutz gewährt wür­de. Ein Irr­glau­be, wie sich als­bald her­aus­stell­te:

Die VSH1 inter­pre­tier­te die im Pro­to­koll zur münd­li­chen Ver­hand­lung wie­der­ge­ge­be­ne Zeu­gen­aus­sa­ge dahin­ge­hend, dass M1 Risi­ken der Kapi­tal­an­la­ge baga­tel­li­siert und somit wis­sent­lich gegen Pflich­ten ver­sto­ßen hät­te. Bereits des­halb kämen kei­ne Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen in Betracht. Außer­dem wür­de die von M1 ange­fer­tig­te Bera­tungs­do­ku­men­ta­ti­on nicht den 2012 gel­ten­den Deckungs­vor­aus­set­zun­gen aus den Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen gerecht. Ein Hin­weis auf das Total­ver­lust­ri­si­ko fin­de sich dort eben­so wenig wie Nach­wei­se zur Über­ga­be des Ver­kaufs­pro­spek­tes oder Anga­ben zu den Erfah­run­gen des Anle­gers mit Kapi­tal­an­la­gen. Zudem resul­tie­re der Scha­den nicht aus der grund­sätz­lich ver­si­cher­ten, eigen­stän­di­ge Tätig­keit des M1, son­dern – zumin­dest nach außen – aus des­sen Tätig­keit für M2. Und schluss­end­lich wür­den die Regress­for­de­run­gen auf Ver­stö­ße gegen Rege­lun­gen aus der zwi­schen M1 und M2 geschlos­se­nen Ver­mitt­lungs­ver­ein­ba­rung gestützt. Es hand­le sich somit um rein ver­trag­li­che Ansprü­che, die nicht Gegen­stand einer Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung sei­en.

Das waren in Sum­me zu vie­le (berech­tig­te) Ein­wän­de, als dass Ver­hand­lun­gen mit der VSH1 zu einer antei­li­gen Über­nah­me des Scha­dens – und sei es auch nur aus Kulanz­grün­den – Aus­sicht auf Erfolg gehabt hät­ten.

Fazit

M2 ist hier durch das Han­deln ihres Unter­ver­mitt­lers M1 wegen eines Risi­kos – die Ver­mitt­lung geschlos­se­ner Fonds – in die Haf­tung gebracht wor­den, das sie selbst gar nicht ein­ge­hen woll­te (man hat­te auch gar kei­ne Gewer­beer­laub­nis für die Tätig­keit nach § 34c GewO) und dem­entspre­chend nicht ver­si­chert hat­te. Den dar­aus resul­tie­ren­den Ärger und Scha­den hat­ten schluss­end­lich bei­de. Das kommt lei­der häu­fi­ger vor. Ein unkla­rer Außen­auf­tritt, ins­be­son­de­re ein all­zu sorg­lo­ser Umgang mit Visi­ten­kar­ten, Fir­men­stem­peln, E‑Mail-Signa­tu­ren und Geschäfts­pa­pier bringt Koope­ra­ti­ons­part­ner immer wie­der wech­sel­sei­tig in Schwie­rig­kei­ten. Und auch das The­ma Bera­tungs­do­ku­men­ta­ti­on ist in die­sem Zusam­men­hang nicht zu ver­nach­läs­si­gen. Wer mit Unter­ver­mitt­lern zusam­men­ar­bei­tet, ist gut bera­ten, dar­auf zu ach­ten, dass die­se bei der Doku­men­ta­ti­on die­je­ni­ge Sorg­falt wal­ten las­sen, die man auch selbst an den Tag legen oder von ange­stell­ten Mit­ar­bei­tern ein­for­dern wür­de.