Unzu­läs­si­ge Ana­lo­gie

Ist die recht­li­che Ein­ord­nung einer Kapi­tal­an­la­ge unklar, etwa weil es sich um ein Misch­pro­dukt oder ein mehr­ak­ti­ges Rechts­ge­schäft han­delt, kann dies im Scha­dens­fall zu deckungs­recht­li­chen Pro­ble­men füh­ren.

Ver­mitt­ler V hat­te sei­nem Kun­den K am 16.03.2011 einen Ver­si­che­rungs­ver­trag ver­mit­telt. Im Novem­ber 2018 erhielt er das umfang­rei­che For­de­rungs­schrei­ben einer Anwalts­kanz­lei, die im Namen des K zahl­rei­che Bera­tungs­feh­ler rüg­te und Scha­dens­er­satz for­der­te. V mel­de­te den Vor­gang dar­auf­hin sei­ner Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung und bat die­se dar­um, die For­de­run­gen abzu­weh­ren. Er sei sich kei­ner Schuld bewusst und hät­te den Kun­den umfas­send bera­ten. Die Ant­wort, die er von sei­ner Ver­si­che­rung erhielt, fiel aller­dings gänz­lich anders aus als erhofft. Denn statt der erwar­te­ten Zusa­ge, ihn bei der For­de­rungs­ab­wehr zu unter­stüt­zen, for­der­te der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer das Bera­tungs­pro­to­koll und ein Risi­ko­pro­fil des Anspruch­stel­lers an und wies zugleich dar­auf hin, dass nach kur­so­ri­scher Prü­fung vor­aus­sicht­lich kei­ne Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen in Betracht kämen, da nach den maß­geb­li­chen Beson­de­ren Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen das frag­li­che Risi­ko zum Ver­stoß­zeit­punkt nicht ver­si­chert gewe­sen sei. Ver­si­chert sei nur die Tätig­keit als Ver­si­che­rungs­ver­mitt­ler gewe­sen. V war ver­wirrt, wähn­te er sich doch durch­gän­gig ver­si­chert. Hil­fe­su­chend wand­te sich V an uns.

Was war pas­siert? Bei dem von V ver­mit­tel­ten Ver­si­che­rungs­ver­trag han­del­te es sich um eine soge­nann­te Fonds­po­li­ce und die an V adres­sier­ten Vor­wür­fe ent­stamm­ten der Feder einer Kanz­lei, die sonst vor allem Anle­ger ver­trat, die geschlos­se­ne Fonds­be­tei­li­gun­gen gezeich­net hat­ten. Und so konn­te man bei Lek­tü­re des For­de­rungs­schrei­bens durch­aus auf den Gedan­ken kom­men, den Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen läge die Ver­mitt­lung einer Fonds­be­tei­li­gung zugrun­de. Man bezog sich etwa auf das soge­nann­te Bond-Urteil, rüg­te, dass V Risi­ken der Kapi­tal­an­la­ge ver­harm­lost hät­te, wies auf ver­meint­li­che Pro­spekt­feh­ler hin etc. Dass es sich tat­säch­lich nicht um ein direk­tes Invest­ment in eine der­ar­ti­ge Kapi­tal­an­la­ge han­del­te, son­dern letzt­lich um ein Ver­si­che­rungs­pro­dukt, ging in der sei­ten­star­ken Ansamm­lung von ver­meint­lich anwend­ba­ren Recht­spre­chungs­zi­ta­ten fast gänz­lich unter. Dies hat­te den Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer zunächst irr­tüm­lich zu der Annah­me ver­lei­tet, es gin­ge um eine Tätig­keit nach § 34c GewO (Anmer­kung: § 34f GewO galt zum Zeit­punkt der Ver­mitt­lung noch nicht). Die­ses Miss­ver­ständ­nis konn­ten wir rela­tiv schnell auf­klä­ren.

Trotz­dem beharr­te der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer gegen­über V – ana­log den Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen für die Ver­mitt­lung von geschlos­se­nen Fonds – auf der Über­sen­dung eines Risi­ko­pro­fils zu den Kennt­nis­sen von und Erfah­run­gen mit Kapi­tal­an­la­gen sowie eines Nach­wei­ses dar­über, dass K auf die anla­ge­ty­pi­schen Risi­ken, ins­be­son­de­re das Total­ver­lust­ri­si­ko hin­ge­wie­sen wor­den sei. V konn­te zwar eine Bera­tungs­do­ku­men­ta­ti­on vor­le­gen, den Vor­ga­ben des Ver­si­che­rers wur­de die­se aller­dings nicht in vol­lem Umfang gerecht. Ver­si­che­rer­sei­tig wur­de dies vage mit „deckungs­recht­li­chen Vor­be­hal­ten“ quit­tiert. Das war aller­dings nicht hin­zu­neh­men.

Zwar wen­det die Recht­spre­chung die Grund­sät­ze zur Auf­klä­rung bei Anla­ge­ge­schäf­ten auch bei kapi­tal­bil­den­den Lebens­ver­si­che­run­gen an, wenn sich der Abschluss eines sol­chen Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges bei wirt­schaft­li­cher Betrach­tungs­wei­se als Anla­ge­ge­schäft dar­stellt (etwa BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 — IV ZR 164/11). Das führt aller­dings nicht dazu, dass die Ver­mitt­lung fonds­ge­bun­de­ner Ver­si­che­rungs­pro­duk­te nicht mehr der Tätig­keit nach § 34d GewO (Ver­si­che­rungs­ver­mitt­ler, Ver­si­che­rungs­be­rat) zuzu­ord­nen wäre – auch wenn es in der Ver­gan­gen­heit immer wie­der ein­mal Stim­men gab, die fälsch­li­cher­wei­se mein­ten, es sei gege­be­nen­falls auch eine Zulas­sung nach § 34f GewO bzw. (vor des­sen Ein­füh­rung) nach § 34c GewO erfor­der­lich gewe­sen. Da V auch nach Ansicht des Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rers zum Zeit­punkt der Ver­mitt­lung der Fonds­po­li­ce die Tätig­keit nach § 34d GewO ver­si­chert hat­te, konn­te unse­res Erach­tens also gar kein Zwei­fel dar­an bestehen, dass V dem Grun­de nach Anspruch auf Ver­si­che­rungs­schutz hat­te. Dar­an änder­te auch der durch­aus spe­ku­la­ti­ve Cha­rak­ter der Fonds­po­li­ce nichts. Ein Rück­griff auf Beson­de­re Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen, wel­che die Tätig­keit nach § 34c GewO betra­fen, kam schon des­halb nicht in Betracht, weil die­se im Fal­le von V, der immer nur als Ver­si­che­rungs­mak­ler tätig gewe­sen und nur dies­be­züg­lich Ver­si­che­rungs­schutz bean­tragt hat­te, nicht Ver­trags­be­stand­teil gewor­den waren. Dies muss­te schließ­lich auch der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer aner­ken­nen und er gewähr­te den von V begehr­ten Abwehr­schutz.

Fazit

Auch wenn es für V und somit auch für des­sen Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer auf Haf­tungs­ebe­ne, also zur Ver­tei­di­gung gegen die Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen des K, sicher­lich von Vor­teil gewe­sen wäre, wenn V so doku­men­tiert hät­te, wie es die Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen für die Ver­mitt­lung von geschlos­se­nen Fonds vor­sa­hen, durf­te dem V auf Deckungs­ebe­ne kein Nach­teil dar­aus erwach­sen, dass er dies nicht getan hat­te. Die­ses Risi­ko hat­te der Ver­si­che­rer zu tra­gen.