Am 27.01.2020 wur­de in Deutsch­land die ers­te Coro­na-Infek­ti­on bestä­tigt. Im Kreis Starn­berg (Bay­ern) hat­te sich ein Mit­ar­bei­ter eines Auto­zu­lie­fe­rers mit dem Virus ange­steckt. Inner­halb die­ser Infek­ti­ons­ket­te wur­den spä­ter 14 Fäl­le nach­ge­wie­sen. Was dar­auf folg­te, war eine Pan­de­mie unvor­stell­ba­ren Aus­ma­ßes: Mehr als 2 Mil­lio­nen Infek­tio­nen wur­den regis­triert, mehr als 50.000 Men­schen star­ben „an oder im Zusam­men­hang mit Coro­na“. Neben den aktu­el­len Fall­zah­len beschäf­ti­gen die wirt­schaft­li­chen Fol­gen das Tages­ge­sche­hen. Die Ver­an­stal­tungs­bran­che lei­det, Hotels, Gas­tro­no­mie und selbst­stän­di­ge Unter­neh­mer ste­hen vor dem finan­zi­el­len Knock­out auf­grund der Ein­schrän­kun­gen bzw. Schlie­ßun­gen der Betrie­be. Eini­ge Unter­neh­men haben Betriebs­schlie­ßungs­ver­si­che­run­gen abge­schlos­sen, doch Leis­tun­gen blie­ben oft­mals aus. Hun­der­te zivil­recht­li­che Ver­fah­ren gegen Betriebs­schlie­ßungs­ver­si­che­rer sind anhän­gig, zig kon­tro­vers dis­ku­tier­te Urtei­le wur­den gespro­chen. Haupt­streit­punkt war und ist die Fra­ge, ob das Coro­na­vi­rus SARS-CoV 2 und die dar­aus resul­tie­ren­de Erkran­kung COVID-19 (nach­fol­gend ver­all­ge­mei­nert: Coro­na) über­haupt nach den ein­schlä­gi­gen Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen ver­si­chert ist.

„Wenn der Ver­si­che­rer nicht zahlt, dann viel­leicht der Mak­ler?“ mag sich manch Ver­si­che­rungs­neh­mer bzw. Anwalt den­ken. War­um wur­de der Abschluss einer Betriebs­aus­fall­ver­si­che­rung nicht emp­foh­len? War­um hat der Mak­ler eine Betriebs­aus­fall­ver­si­che­rung ver­mit­telt, die bei Coro­na nicht leis­tet? Inwie­weit muss ein Ver­si­che­rungs­neh­mer über­haupt auf die Mög­lich­keit, sol­che Risi­ken ein­zu­be­zie­hen, zumin­dest hin­ge­wie­sen wer­den? Wann wäre einem Ver­si­che­rungs­neh­mer auf­grund sei­nes indi­vi­du­el­len Risi­ko­pro­fils jeden­falls zu die­ser umfas­sen­de­ren Deckung zu raten?

Ist die Anspruchs­men­ta­li­tät gegen­über Ver­si­che­rungs­mak­lern im Zusam­men­hang mit der Coro­na-Pan­de­mie tat­säch­lich gestie­gen? Wir berich­ten über ein Jahr vol­ler Ereig­nis­se.

Vor dem ers­ten Lock­down

Die ers­ten Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer änder­ten ihre Zeich­nungs­po­li­tik hin­sicht­lich mög­li­cher Rück­da­tie­run­gen bzw. Rück­wärts­ver­si­che­run­gen aus Sor­ge, sich Haf­tungs­fäl­le im Zusam­men­hang mit Coro­na ein­zu­kau­fen. Unklar war, wie sich die Inan­spruch­nah­me von Ver­si­che­rungs­ver­mitt­lern auf­grund (angeb­li­cher) Falsch­be­ra­tung ent­wi­ckeln wür­de-Ver­si­che­rungs­mak­ler, die bei­spiels­wei­se auf­grund einer rück­wir­ken­den Abmel­dung aus einem Grup­pen­ver­trag einen Ver­si­che­rungs­be­ginn in der Ver­gan­gen­heit benö­tig­ten, stan­den nun­mehr vor dem Pro­blem, dass Ver­si­che­rer restrik­ti­ver mit ent­spre­chen­den Anfra­gen umgin­gen. Teil­wei­se lehn­ten Ver­si­che­rer die­se Anfra­gen ab oder schlos­sen für Rück­wärts­ver­si­che­run­gen Haft­pflicht­an­sprü­che im Zusam­men­hang mit der Ver­mitt­lung von Betriebsschließungs‑, Betriebs­un­ter­bre­chungs-ver­si­che­run­gen oder sons­ti­gen Ver­si­che­run­gen zur Absi­che­rung von Aus­fall­ri­si­ken im Zusam­men­hang mit Epi­de­mien oder Pan­de­mien, aus.

Der GDV ver­deut­lich­te, dass es eher unwahr­schein­lich ist, dass Pan­de­mien im Nor­mal­fall nicht abge­si­chert sind, ers­te Ver­si­che­rer kün­dig­ten an, dass sie für Coro­na beding­te Absa­gen von Ver­an­stal­tun­gen nicht leis­ten wer­den. „Ver­si­che­rer sind in der Coro­na-Kri­se fein raus“ titel­te n‑tv.

Ver­si­che­rer reagier­ten, stopp­ten die Annah­me von Anträ­gen, lehn­ten sogar rück­wir­kend Anträ­ge ab oder schlos­sen Schä­den auf­grund Coro­na aus­drück­lich aus. Mak­ler muss­ten sich auf die ver­än­der­te Situa­ti­on ein­stel­len.

Ver­ein­zelt wur­de von einer dro­hen­den Kla­ge­wel­le gegen Ver­si­che­rungs­mak­ler gespro­chen. Das „Schö­ne“ an einer Ver­mitt­lung durch einen Ver­si­che­rungs­mak­ler: Über des­sen Boni­tät müs­se sich der geschä­dig­te Unter­neh­mer kei­ne Gedan­ken machen, der Mak­ler hat ja eine Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung. Inner­halb der Anwalt­schaft wur­de die Mei­nung jedoch weit über­wie­gend nicht geteilt, wenn­gleich Ver­si­che­rungs­mak­ler mit Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen rech­nen müs­sen. Rück­bli­ckend kann bestä­tigt wer­den: Eine Kla­ge­wel­le ist glück­li­cher­wei­se aus­ge­blie­ben.

Am 10. März mel­de­te erst­ma­lig ein Mak­ler über unser Haus einen mög­li­chen Scha­dens­fall im Zusam­men­hang mit Coro­na. Hier­bei han­del­te es sich jedoch um eine rein vor­sorg­li­che Mel­dung des Mak­lers. Weni­ge Tage vor dem ers­ten Lock­down mel­de­ten sich zwei wei­te­rer Mak­ler, da die Betriebs­schlie­ßungs­ver­si­che­rung jeweils signa­li­sier­te, kei­ne Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen erbrin­gen zu wol­len. Die Mak­ler waren ver­un­si­chert und woll­ten vor­sorg­lich eine Mel­dung bei uns vor­neh­men. Eine tat­säch­li­che Inan­spruch­nah­me erfolg­te nach unse­rem Kennt­nis­stand in die­sen Fäl­len nicht.

„Ers­ter Lock­down“

Um die Pan­de­mie ein­zu­däm­men, beschlos­sen Bund und Län­der im März 2020 weit­ge­hen­de Ein­schrän­kun­gen für das öffent­li­che Leben. Der ers­te „Coro­na-Lock­down“ trat in Kraft. Gas­tro­no­mie­be­trie­be und diver­se Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men wur­den geschlos­sen. Das Betriebs­schlie­ßungs­ri­si­ko hat­te sich rea­li­siert. Für Unter­neh­men und Mak­ler begann eine unkla­re Situa­ti­on. Zahlt die Ver­si­che­rung? Wenn nicht: Haf­tet der Mak­ler?

Unmit­tel­bar nach Inkraft­tre­ten des Lock­downs erhiel­ten wir eine wei­te­re Scha­dens­mel­dung. Der Mak­ler wand­te sich an uns, weil der Betrei­ber eines Restau­rants kei­ne Betriebs­schlie­ßungs­ver­si­che­rung bean­tragt hat­te. Dass kei­ne Betriebs­schlie­ßungs­ver­si­che­rung gewünscht war, ging auch aus­drück­lich aus der Bera­tungs­do­ku­men­ta­ti­on her­vor. Der Mak­ler wies sogar Anfang März noch auf Absi­che­rungs­mög­lich­kei­ten hin. Eine tat­säch­li­che Inan­spruch­nah­me erfolg­te auch in die­sem Fall nicht. In einem ande­ren Fall mel­de­te sich ein Mak­ler, da die Betriebs­schlie­ßungs­ver­si­che­rung zunächst eine vor­läu­fi­ge Deckung bestä­ti­ge, die­se spä­ter mit Aus­schluss Coro­na ver­län­ger­te. Eine Poli­cie­rung erfolg­te nicht, weil die Ver­si­che­rung es „noch nicht geschafft“ habe.  Eine Inan­spruch­nah­me des Mak­lers erfolg­te auch hier nicht.

Schon früh­zei­tig haben wir dar­auf hin­ge­wie­sen, dass mög­li­che Inan­spruch­nah­men des Mak­lers im Zusam­men­hang mit Coro­na für die Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung kei­ne Son­der­fäl­le dar­stel­len. Auch hin­sicht­lich der Haf­tung gilt, dass eine Pflicht­ver­let­zung vor­lie­gen muss.

Im April 2020 folg­ten zwei wei­te­re Mel­dun­gen. In einem Fall zahl­te die Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung eine Abfin­dung über 20.000 EUR.

Nach dem Lock­down

Nach 8 Wochen Zwangs­pau­se öff­ne­ten im Mai 2020 Restau­rants und Loka­le wie­der. Doch die Bran­che ist ange­schla­gen. Vie­le Gas­tro­no­mie­be­trie­be befürch­te­ten wegen Umsatz­ein­brü­chen die Insol­venz.

Das The­ma „Betriebs­schlie­ßungs­ver­si­che­rung“ rück­te  wie­der in den Vor­der­grund. Mak­ler, denen die­ses Pro­dukt bis­lang gänz­lich unbe­kannt war, kann­ten es durch die Pres­se, die Unter­neh­men wur­den durch die Bericht­erstat­tun­gen sen­si­bi­li­siert. Schon im März 2020 wur­de dar­auf hin­ge­wie­sen, dass Mak­ler Leh­ren für die Zukunft zie­hen soll­ten und Gewer­be­kun­den ent­spre­chend infor­miert und bera­ten wer­den müs­sen. Anwäl­te wie­sen wei­ter­hin dar­auf hin, dass eine Mak­ler­haf­tung in Betracht kom­men kann.

Die nächs­ten Scha­dens­mel­dun­gen von Mak­lern gin­gen bei uns im Juni 2020 ein. Ein Ver­si­che­rungs­mak­ler mel­de­te sich, da ein Bier­gar­ten auf­grund Absa­ge eines gro­ßen Volks­fes­tes nicht öff­nen konn­te. Der Fall wird aktu­ell außer­ge­richt­lich rechts­an­walt­lich ver­han­delt. 5 wei­te­re Mel­dun­gen folg­ten.

Als sich abzeich­ne­te, dass erneut ein Lock­down droh­te, stell­te sich die Fra­ge, ob Mak­ler aber­mals das Risi­ko bewer­ten und mög­li­che Umdeckungen/Neuabschlüsse prü­fen muss­ten.

„Zwei­ter Lock­down“

Bedingt durch stark stei­gen­de Inzi­denz­wer­te wur­den seit dem 2. Novem­ber 2021 in Deutsch­land erneut sich schritt­wei­se ver­schär­fen­de Maß­nah­men zur Ein­däm­mung der Pan­de­mie ange­ord­net.  Auch in Fol­ge die­ser Maß­nah­men kam es zu Betriebs­schlie­ßun­gen.  Seit Juli sind kei­ne wei­te­ren Scha­dens­mel­dun­gen zu die­sem The­men­kom­plex bei uns eige­gan­gen.

Fazit

Zusam­men­fas­send lässt sich berich­ten, dass eine „Kla­ge­wel­le“ gegen Ver­si­che­rungs­mak­ler bis­lang aus­ge­blie­ben ist. Es bleibt jedoch abzu­war­ten, wie sich die Recht­spre­chung ins­be­son­de­re zur Betriebs­schlie­ßungs­ver­si­che­rung ent­wi­ckeln wird. Mög­li­cher­wei­se fol­gen in Ein­zel­fäl­len wei­te­re Inan­spruch­nah­men.