„Der aufgespießte Gefahrgutcontainer – Tücken bei der Umdeckung einer Betriebshaftpflichtversicherung“
Dass bei Umdeckungen von Risiken grundsätzlich zu beachten ist, dass sich der Umfang des Versicherungsschutzes möglichst nicht verkleinert, ist uns allen bewusst; ebenso wie das Erfordernis den Kunden bei einer Schlechterstellung auf diese deutlich hinzuweisen. Dennoch kann im Eifer der täglichen Gefechte auch einem Profi einmal etwas durchrutschen. Besonders unangenehm wird dies nur dann, wenn sich ein Schaden aus dem nun leider nicht mehr versicherten Bereich realisiert und der VSH-Versicherer nicht leisten möchte.
Sachverhalt
Makler M hatte bei dem Speditionsunternehmen S eine Überprüfung der bestehenden Betriebshaftpflichtversicherung vorgenommen. Hintergrund war, dass der bestehende Vertrag hoch schadenbelastet und eine Kündigung durch den Versicherer zu befürchten war. Der entsprechende Vertrag wurde im Ergebnis von der Versicherung R zum Risikoträger E umgedeckt. Leider sollte sich herausstellen, dass der Deckungsumfang bei der E eingeschränkter war als dies bei der R der Fall war, da die Lagerung von Gefahrstoffen nicht mehr als versichert galt. Das führte natürlich prompt zum Schaden: Im Zuge von Verladearbeiten am Lager der S wurde ein IBC (Container mit Gefahrgutzulassung) durch einen Mitarbeiter der S mit einer Gabelstaplerspitze versehentlich aufgerissen, als dieser auf einen Auflieger transportiert werden sollte, so dass die im Container befindliche Caesiumhydrochlorid-Lösung teilweise auslief. Die Flüssigkeit lief aus dem Auflieger und gelangte in die örtliche Kanalisation sowie in ein örtliches Regenrückhaltebecken. Auch wenn der Gabelstaplerfahrer den Schaden noch minimieren konnte, indem er den IBC auf die unbeschädigte Seite kippte, um weiteren Flüssigkeistaustritt zu vermeiden, ergab sich ein Gesamtschaden von 20.000,- €.
Deckungsebene
Makler M meldete den Schaden — ohne unsere Unterstützung hierbei zu nutzen — selbst bei seinem damaligen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer und sah sich mit dessen überraschend problemorientierter deckungsrechtlicher Einschätzung konfrontiert. Nach dessen Auffassung sei es eine der grundlegenden Pflichten eines Versicherungsmaklers bei der Durchführung eines Versichererwechsels eine Überprüfung des Deckungsumfangs vorzunehmen. Da dies nicht in ausreichendem Umfang erfolgt sei, bestünde aufgrund des Vorliegens einer wissentlichen Pflichtverletzung schlicht kein Versicherungsschutz.
Ergänzend wurde darauf aufmerksam gemacht, dass dem AS gleichwohl ein Mitverschulden zu Last zu legen sei, da es zur eigenen Sorgfaltspflicht eines Versicherungsnehmers gehöre, den an ihn übermittelten Versicherungsschein auf Richtigkeit zu überprüfen. Für den Anspruchsteller wäre es ein Leichtes gewesen festzustellen, dass kein Gefahrgüter-Einschluss policiert wurde. Derartiges Mitverschulden würde mit 50 % angesetzt.
Hierauf verwiesen wir auf unsere Sicht, dass es sich bei den Versäumnissen im Zusammenhang mit der Umdeckung in Form der nicht weitergeführten Deckung auch für Gefahrgüterlagerung um eine schlichte objektive Pflichtverletzung handele. Hieraus ohne weiteres auf die subjektive Vorsatzebene schließen zu wollen, dürfte nicht zulässig sein. Zunächst gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass der VN bei der Umdeckung zur E bewusst war, dass der dortige Vertrag im Hinblick auf die Lagerung von Gefahrstoffen nachteilig für die AS sein würde, so dass es an dem für die wissentliche Pflichtverletzung erforderlichen Pflichtverletzungsbewusstsein fehle. Vielmehr sei von einem lediglich fahrlässigen Verhalten auszugehen. Wir konnten auch nicht erkennen, dass die VN eine fundamentale Grundregel der beruflichen Tätigkeit verletzt hätte, so dass allein anhand des objektiven Verstoßes auf die wissentliche Pflichtverletzung geschlossen werden dürfte. Wollte man eine andere Auffassung vertreten, dann hätte das zur Folge, dass in einem ganz erheblichen Anteil der Schadensfälle aus der Versicherungsmaklerschaft die Versicherer leistungsfrei wären, schließlich dürfte es mit zu den häufigsten Versäumnissen gehören, dass bei Kündigung eines bestehenden und Abschluss eines Folgevertrages, Deckungsinhalte unbemerkt entfallen. Das wiederum wäre bei einer Pflichthaftpflichtversicherung nicht zulässig.
Abgesehen davon dürfte sich eine derartige Rechtsauffassung auch nicht mit dem Grundsatz vertragen, dass Versicherungsbedingungen, die den Versicherungsschutz einschränken, wegen ihres Charakters als Ausnahmevorschrift, eng auszulegen sind. Im Hinblick auf die Behauptung des VSH-Versicherers, dass der S ein Mitverschulden anzulasten sei, bemühten wir im Interesse des M die Rechtsprechung. Nach dieser bleibt in der Regel sehr wenig Raum für die Annahme eines Mitverschuldens. Denn der Kunde eines Versicherungsmaklers bedient sich ja gerade der umfassenden Unterstützung eines Versicherungsmaklers. Das Ansetzen eines Mitverschulden in Höhe von 50 % bewerteten wir daher als sehr zweifelhaft. Nicht nur zur Freude des M schloss sich der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer unserer beiden Argumentationsstränge nahezu vollständig an und regulierte den Schaden unter Ansetzung eines lediglich 20 %-igen Mitverschuldens.
Fazit
Durch eine direkte Meldung eines vermeitlichen Schadens über unser Haus kann erfahrungsgemäß sehr viel häufiger vermieden werden, dass unpassende, ablehnende Argumentationsmuster auf Seiten der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer zu Tage treten. Doch auch wenn diese bemüht werden, stellen sich als Tiger ins Feld geführte Aspekte wie „wissentliche Pflichtverletzung“ und „Mitverschulden“ mit der richtigen Gegenargumentation oftmals als „zahnlos“ heraus.
Über die Hans John Versicherungsmakler GmbH:
Die Hans John Versicherungsmakler GmbH aus Hamburg bietet mit einem Kompetenzteam u. a. aus Volljuristen und Versicherungskaufleuten einen Vollservice in der Vermögensschaden-Haftpflicht an – inklusive umfassender Betreuung im Schadensfall. Die Hans John Versicherungsmakler GmbH ist seit Jahren einer der Marktführer in ihrem Segment.
Ansprechpartner zu dieser Meldung:
Ass. jur. Dr. Oliver Fröhlich, LL.M.
E‑Mail: schaden@haftpflichtexperten.de