In einem aktuellen Aufsatz in der Zeitschrift „Recht und Schaden“ (r+s 2020, 606 ff) beschäftigt sich Prof. Dr. Schimikowski mit der Frage, ob für Versicherungsmaklerverträge, die im Wege des Fernabsatzes (z.B. über den Online-Vertrieb) mit einem Verbraucher geschlossen werden, ein Widerrufsrecht besteht, über das der Makler den Verbraucher schließlich auch zu belehren hätte.
Zuletzt wurde viel über die Beratungspflichten von Versicherungsmaklern im Online-Vertrieb gesprochen, die Entscheidungen im Fall Check24 sind sicherlich jedem Online-Makler geläufig. Doch mit einem Thema hat sich die Rechtsprechung – soweit ersichtlich – noch gar nicht und die juristische Literatur bislang kaum beschäftigt: Das Widerrufsrecht im Zusammenhang mit dem Maklervertrag.
Nicht gemeint ist § 8 VVG, der dem Versicherungsnehmer ein Widerrufsrecht für die auf den Abschluss eines Versicherungsvertrages gerichtete Willenserklärung bietet. Vielmehr könnte dem Verbraucher nach §§ 312g Abs. 1, 355 BGB ein Widerrufsrecht zustehen. Schimikowski prüft in seinem Artikel die einzelnen Voraussetzungen, bejaht diese und vertritt konsequent die Auffassung, dass dem Verbraucher bei Versicherungsmaklerverträgen im Fernabsatz ein Widerrufsrecht zusteht, über das der Makler den Verbraucher auch zu informieren hat. Ganz neu ist dieser Gedanke nicht: Rechtanwalt Michaelis hat in seinem Beitrag „Anforderungen an den Maklervertrag im Online-Vertrieb“ bei experten.de ebenfalls auf das gesetzliche Widerrufsrecht hingewiesen.*
In der Praxis informieren – soweit ersichtlich – die wenigsten Online-Makler über die Widerrufsmöglichkeiten. Das mag darin begründet sein, dass diese eine abweichende Auffassung vertreten oder dieses „Problem“ nicht kennen. Unterstellt, die Rechtsauffassung trifft zu und unterbleibt die Information über das Widerrufsrecht, steht dem Verbraucher nach Schimikowski ein „ewiges“ Widerrufsrecht zu. Und das „ewige Widerrufsrecht“ kann für den Makler zu „unangenehmen“ Folgen und zu „erheblichen Rechtsunsicherheit“ führen. Auch Michaelis spricht von „bösen Überraschungen“. Diese Folgen können dann vermieden werden, wenn die Belehrung erfolgt und das Widerrufsrecht nach 14 Tagen endet.
Sowohl Michaelis als auch Schimikowski sprechen die Möglichkeit des „Erlöschens“ des Widerrufsrechts an. Während Michaelis die Anwendbarkeit nach §356 Abs. 5 BGB („Beginn der Tätigkeit“) bejaht, verneint Schimikowski diese Möglichkeit und bringt vielmehr § 356 Abs. 4 Satz 3 BGB („Vollständige Erfüllung“) ins Spiel.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung zu diesem Thema äußern wird.
*In seinem Blogbeitrag „Online-Vermittlung von Versicherungsverträgen“ verneint er noch ein solches gesetzliches Widerrufsrecht und spricht die Möglichkeit eines „freiwilligen Widerrufsrechts“ an.
Fundstellen: