Produktanbieter werben regelmäßig damit, dass Vermittler ihre Kunden auf die Produkte auch ohne Gewerbeerlaubnis aufmerksam machen und als „Tippgeber“ Provisionen verdienen können. Ein Tippgeber stellt lediglich den Kontakt zwischen dem Interessenten und dem künftigen Vertragspartner her.
Die Frage ist aber, ob der Vermittler bei diesem Geschäftsmodell tatsächlich als Tippgeber auftritt. Schließlich sehen einige Geschäftsmodelle vor, dass Vermittler als Partner eine individuelle Landingpage erhalten. Und das kann für den Vermittler bedeuten, dass er als erlaubnispflichtiger Vermittler auftritt, wie schon Tchibo 2013 schmerzlich feststellen musste (BGH, Urteil vom 28.11.2013 – I ZR 7/13). Bekanntlich hat Tchibo auf ihrer Internetseite Versicherungsverträge und Finanzdienstleistungen angeboten, ohne selbst eine Erlaubnis als Versicherungsvermittler zu haben.
Der BGH hat seinerzeit geurteilt, dass ein Handelsunternehmen, das im Rahmen seines Internetauftritts konkrete Versicherungsprodukte bewirbt und den Online-Abschluss von Versicherungsverträgen auf einer Internetseite eines Versicherungsvermittlers ermöglicht, auch Versicherungsvermittler ist, wenn dem Verbraucher der Wechsel des Betreibers der Internetseite verborgen bleibt. Die Seiten enthielten „an prominenter Stelle, und zwar in der Kopfzeile, jeweils das Tchibo-Logo“. Der BGH hat aus diesen Gründen die Vertragsanbahnung Tchibo zugeordnet.
Maßgeblich ist das objektive Erscheinungsbild der Tätigkeit – interne (vertragliche) Absprachen sind nicht relevant. Nur weil der Produktpartner schreibt, dass man als Tippgeber tätig wird, muss dies rechtlich nicht zwingend so sein. Es kommt – wie so oft – auf die Umstände des konkreten Einzelfalls an.
Wenn also ein Kunde durch die „Empfehlung“ des Vermittlers ein Versicherungs- oder Finanzprodukt über den individuellen Link abschließt, ist für die rechtliche Einstufung dieser Tätigkeit zu differenzieren, ob der Kunde eindeutig und unzweifelhaft die fremde Dienstleistung bzw. die Fremdheit des Produkts erkennt oder nicht. Anders ausgedrückt: Ein Vermittler, der über einen (Werbe-)Link fremde Versicherungs- oder Finanzprodukte bewirbt und den Kunden „vermittelt“, ist nur dann Tippgeber, wenn aus der verlinkten Landing-Page deutlich wird, dass es sich um die Webseite eines anderen Unternehmens handelt. Insofern ist bei White-Label-Lösungen besondere Vorsicht geboten.
Vermittler sollten dies berücksichtigen, wenn sie auf Versicherungsleistungen über ihre Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung bei solchen Geschäftsmodellen hoffen. Wird der Vermittler ohne eigene Erlaubnis nach GewO oder gar KWG tätig und stellt sich heraus, dass eine Erlaubnis erforderlich gewesen wäre, muss er damit rechnen, keinen Versicherungsschutz zu erhalten. Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung steht nämlich unter dem Generalvorbehalt der rechtlich zulässigen Tätigkeit, die bei einer fehlenden Erlaubnis nicht vorliegt: Versicherungsschutz besteht nur für rechtlich zulässige Tätigkeiten. Im Übrigen greift – sofern überhaupt (für dieses Geschäftsmodell) vereinbart – die Klausel für die Tätigkeit als Tippgeber nicht, wenn die konkrete Tätigkeit rechtlich keine Tippgebung darstellt. Darüber hinaus droht dem Vermittler ein Ordnungswidrigkeits- oder Strafverfahren, wenn er ohne erforderliche Erlaubnis tätig wird.