„Fol­gen­lo­ser Feh­ler“

Nicht jede Pflicht­ver­let­zung inner­halb eines Ver­trags­ver­hält­nis­ses zwi­schen VN und Ver­si­che­rungs­mak­ler hat auch einen Scha­dens­er­satz­an­spruch zur Fol­ge. Oft­mals sehen sich auch VN finan­zi­ell benach­tei­ligt, denen bei genaue­rer Betrach­tung gar kein Ver­mö­gens­scha­den ent­stan­den ist.     

A. Haf­tungs­ebe­ne

Augen­op­ti­ker O hat­te 2012 eine soge­nann­te „Profi-Schutz“-Versicherung über die A‑Versicherung abge­schlos­sen. Die­se beinhal­te­te vor allem eine Inhalts­ver­si­che­rung für des­sen Geschäfts­räu­me. 2015 kün­dig­te die A‑Versicherung den Ver­trag scha­dens­be­dingt. O kon­tak­tier­te dar­auf­hin die orts­an­säs­si­ge Mak­le­rin M und beauf­trag­te die­se, ihm nach Mög­lich­keit einen Anschluss­ver­trag zu ver­mit­teln. M leg­te der D‑Versicherung eine Kopie des Vor­ver­tra­ges vor und bat um ein Ver­gleichs­an­ge­bot. Trotz der Vor­scha­dens­si­tua­ti­on gab die D‑Versicherung ein — nach Auf­fas­sung der M — „güns­ti­ges Ange­bot“ ab, das preis­lich nur wenig über dem Vor­ver­trag zu lie­gen schien. M nahm das Ange­bot nach tele­fo­ni­scher Rück­spra­che mit O an. Als O jedoch kurz dar­auf die Poli­ce erhielt und auf­ge­for­dert wur­de, die Erst­prä­mie zu über­wei­sen, war die Über­ra­schung groß. Denn statt der von M tele­fo­nisch kol­por­tier­ten Jah­res­prä­mie von knapp 1.600 EUR soll­te O die­sen Betrag nun allein für das ers­te hal­be Jahr zah­len. M hat­te schlicht­weg über­se­hen, dass in dem Ange­bot der D‑Versicherung eine halb­jähr­li­che Prä­mi­en­zah­lung berück­sich­tigt war — ver­mut­lich weil O sich auch bei der A‑Versicherung für eine halb­jähr­li­che Zahl­wei­se ent­schie­den hat­te. O sah sich getäuscht. Er kün­dig­te umge­hend den mit M geschlos­se­nen Mak­ler­ver­trag und for­der­te zugleich Scha­dens­er­satz in Höhe der Halb­jah­res­prä­mie.

B. Deckungs­ebe­ne

M, der das Ver­se­hen sehr unan­ge­nehm war, mel­de­te den Vor­gang ihrer Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung und bat dar­um, den Scha­den ihres (ehe­ma­li­gen) Kun­den zu regu­lie­ren.

Die Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung teil­te ihr jedoch mit, sich lei­der nicht mit dem Vor­gang befas­sen zu kön­nen. Der Scha­den lie­ge unter­halb des Min­dest­selbst­be­halts von 2.500 EUR. Bedin­gungs­ge­mäß trä­fen den Ver­si­che­rer in der­ar­ti­gen Fäl­len kei­ne Kos­ten.

Die­se Vor­ge­hens­wei­se war aller­dings in ver­schie­de­ner Hin­sicht frag­wür­dig. Denn die zitier­te Klau­sel zum Min­dest­selbst­be­halt betraf nur die Kos­ten des Rechts­schut­zes, also die Kos­ten für die Abwehr unbe­rech­tig­ter Scha­dens­er­satz­an­sprü­che. Hier hat­te der Ver­si­che­rer jedoch — ent­ge­gen sei­ner eige­nen Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen — noch nicht ein­mal die eigent­lich vor­ge­schal­te­te Prü­fung der Haft­pflicht­fra­ge vor­ge­nom­men und konn­te  somit auch gar nicht beur­tei­len, ob es über­haupt um die Abwehr unbe­rech­tig­ter Scha­dens­er­satz­an­sprü­che ging. Zudem han­del­te es sich bei dem Selbst­be­halt der M auch nicht um den Min­dest­selbst­be­halt, son­dern um einen gegen­über dem Min­dest­selbst­be­halt „erhöh­ten Min­dest­selbst­be­halt“ bei dem eine abwei­chen­de Klau­sel hät­te Anwen­dung fin­den müs­sen. Vor allem hat­te man aber über­se­hen, dass es sich bei dem von M abge­schlos­se­nen Ver­trag zur Geschäfts­in­halts­ver­si­che­rung um einen Drei­jah­res­ver­trag han­del­te und es somit nahe­lag, dass O auch noch die Mehr­prä­mi­en für die Fol­ge­jah­re ersetzt ver­lan­gen wür­de, der Selbst­be­halt dem­nach sehr wohl über­schrit­ten war. Nach ent­spre­chen­dem Hin­weis durch die Hans John Ver­si­che­rungs­mak­ler GmbH erfolg­te eine (neu­er­li­che) Prü­fung des Sach­ver­hal­tes durch die Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung. Die­se bat die M nun um Mit­tei­lung „zu wel­chem Bei­trag der vom Kun­den gewünsch­te Ver­si­che­rungs­schutz bei einem ande­ren Ver­si­che­rer güns­ti­gen­falls hät­te abge­schlos­sen wer­den kön­nen“. Die Mak­le­rin stell­te dar­auf­hin Anfra­gen an ver­schie­de­ne Ver­si­che­rer. Sämt­li­che Ange­bo­te lagen preis­lich jedoch — teil­wei­se deut­lich — über dem Ange­bot der D‑Versicherung. Vor die­sem Hin­ter­grund gewähr­te die Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung M Ver­si­che­rungs­schutz in Form des Abwehr­schut­zes. M hät­te es zwar lie­ber gese­hen, wenn ihr vor­ma­li­ger Kun­de ent­schä­digt wor­den wäre, die Ent­schei­dung des Ver­si­che­rers, die For­de­run­gen des O abzu­weh­ren, war jedoch nicht zu bean­stan­den. Es fehl­te schlicht­weg an einem Scha­den des O, der übri­gens auch kei­ner­lei Ver­such unter­nom­men hat­te den neu­en Ver­trag zur Inhalts­ver­si­che­rung noch zu wider­ru­fen. Die For­de­run­gen des O wur­den unter Hin­weis dar­auf, dass „gegen­wär­tig kein Scha­den dar­ge­legt sei“ zurück­ge­wie­sen. Zu einer gericht­li­chen Inan­spruch­nah­me kam es in der Fol­ge­zeit nicht mehr. Ver­mut­lich war es O nicht gelun­gen, ander­wei­tig ein bes­se­res Ange­bot als das der D‑Versicherung ein­zu­ho­len.

C. Fazit

Vor­aus­set­zung für einen Scha­dens­er­satz­an­spruch ist zunächst eine schuld­haf­te Pflicht­ver­let­zung. Die­se lag hier frag­los vor, weil M das Ange­bot des VR nicht hin­rei­chend sorg­fäl­tig geprüft und dem O infol­ge­des­sen fahr­läs­sig eine feh­ler­haf­te Aus­kunft erteilt hat­te. Wei­te­re Vor­aus­set­zung ist aber natur­ge­mäß auch das Vor­lie­gen eines Scha­dens sowie eines Kau­sal­zu­sam­men­hangs zwi­schen der Pflicht­ver­let­zung und dem Scha­den. Da es sich um  anspruchs­be­grün­den­de Vor­aus­set­zun­gen han­delt trifft die dies­be­züg­li­che Beweis­last grund­sätz­lich den VN. Erst wenn die Ver­let­zung einer ver­trag­li­chen Bera­tungs­pflicht und der Ein­tritt eines kon­kre­ten Scha­dens fest steht, tritt eine Umkeh­rung der Beweis­last für die Scha­dens­kau­sa­li­tät ein. Es oblag somit dem VN zunächst die Ver­ur­sa­chung eines kon­kre­ten Scha­dens dar­zu­le­gen und nöti­gen­falls zu bewei­sen. Dies ist O nicht gelun­gen, weil der von M ver­mit­tel­te Ver­si­che­rungs­ver­trag offen­bar immer noch das güns­tigs­te am Markt erhält­li­che Ange­bot dar­stell­te.