2009 ent­schied sich der Land­wirt A, eine neue Ein­nah­me­quel­le zu erschlie­ßen und künf­tig auch Zim­mer an gestress­te Städ­ter zu ver­mie­ten. Vor­ge­se­hen war — neben diver­sen ande­ren Freizeitaktivitäten‑, dass die Feri­en­gäs­te Aus­rit­te mit den Pfer­den des A unter­neh­men kön­nen soll­ten. Im Zuge des all­jähr­li­chen Bera­tungs­ge­sprächs mit sei­nem Ver­si­che­rungs­mak­ler (B) infor­mier­te A die­sen am 22.03.2009 über sei­ne Plä­ne und führ­te auch eine Hof­be­ge­hung durch. B pass­te dar­auf­hin zunächst die Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rung des A an die neu­en Gege­ben­hei­ten an. Zudem emp­fahl er den Abschluss einer Ver­an­stal­ter-Haft­pflicht­ver­si­che­rung und schloss für die Pfer­de des A eine Reit­tier-Haft­pflicht­ver­si­che­rung ab. Auch das Fremd­rei­ter­ri­si­ko wur­de dabei ein­ge­schlos­sen.

Zum 22.05.2010 kün­dig­te Mak­ler B sei­ne eige­ne Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung bei der X‑Versicherung  und schloss einen Fol­ge­ver­trag bei der V‑Versicherung ab.

Anfang 2010 kamen A und B dann erneut auf dem Hof des B zusam­men. A berich­te­te B zwar von dem Erfolg sei­ner „Feri­en auf dem Bau­ern­hof“, pri­mär wur­den bei die­sem Ter­min die pri­va­ten Ver­si­che­rungs­ver­trä­ge des A bespro­chen.

Am 20.06.2013 brach der A mit eini­gen Gäs­ten, dar­un­ter auch die Fami­lie des C, von sei­nem Bau­ern­hof zu einer Kutsch­fahrt auf. Auf einem nahe­ge­le­ge­nen Feld­weg brach an der Auf­hän­gung der Kut­sche ein Bol­zen. Dadurch war es dem A nicht mehr mög­lich, das Gefährt zu len­ken und das durch­ge­hen­de Zug­pferd recht­zei­tig zum Ste­hen zu brin­gen. Die Kut­sche geriet ins Schwan­ken und kipp­te schließ­lich um. C wur­de dabei  unter der Kut­sche ein­ge­klemmt und brach sich Arm- und Schlüs­sel­bein. C mach­te A in der Fol­ge­zeit haft­bar und begehr­te Scha­dens­er­satz und Schmer­zens­geld in Höhe von ins­ge­samt 5.500 EUR. A mel­de­te den Vor­gang zunächst der von B ver­mit­tel­ten Tier­hal­ter­haft­pflicht-Ver­si­che­rung. Der Ver­si­che­rer lehn­te jedoch die Über­nah­me des Scha­dens ab. Scha­densur­säch­lich sei nicht das Ver­hal­ten des Pfer­des gewor­den, son­dern ein Man­gel an der Kut­sche. Dar­über hin­aus sei­en Kutsch­fahr­ten ohne­hin nicht vom Ver­si­che­rungs­schutz umfasst. Für die­ses zusätz­li­che Risi­ko sei kein Ver­si­che­rungs­schutz bean­tragt wor­den. Ähn­lich argu­men­tier­ten auch der Betriebs­haft­pflicht- und der Ver­an­stal­ter­haft­pflicht-Ver­si­che­rer.

A mach­te dar­auf­hin sei­ner­seits den B haft­bar. Bei dem Bera­tungs­ge­spräch in 2009 hät­te er dem B mit­ge­teilt, auch Kutsch­fahr­ten ver­an­stal­ten zu wol­len. Außer­dem hät­te der Mak­ler auch bei Besich­ti­gung des Betrie­bes auf die­ses zusätz­li­che Risi­ko auf­merk­sam wer­den müs­sen, weil die ver­wen­de­te Kut­sche regel­mä­ßig — gut sicht­bar für jeden Besu­cher — unter einem offe­nen Unter­stand auf dem Hof abge­stellt wür­de. Die Bera­tungs­do­ku­men­ta­tio­nen des B waren dies­be­züg­lich nicht ergie­big. B konn­te aber tat­säch­lich nicht mit Sicher­heit aus­schlie­ßen, über das Kutsch­fahrt-Risi­ko infor­miert wor­den zu sein. Er mel­de­te den Fall daher sei­nem aktu­el­len Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer, der V‑Versicherung. Dort ging man aller­dings nicht davon aus, für den Scha­dens­fall zustän­dig zu sein und ver­wies dar­auf, dass Ver­si­che­rungs­schutz bedin­gungs­ge­mäß nur für die Fol­gen aller vom Beginn des Ver­si­che­rungs­schut­zes bis zum Ablauf des Ver­tra­ges vor­kom­men­den Ver­stö­ße bestün­de. Die Bera­tung des A sei jedoch vor­ver­trag­lich erfolgt. Man reg­te daher eine Mel­dung an den Vor­ver­si­che­rer an. Der vom B dar­auf­hin ein­ge­schal­te­te Vor­ver­si­che­rer, die X‑Versicherung, sah dies aller­dings anders. Ein Ver­si­che­rungs­mak­ler schul­de nicht nur die Ver­mitt­lung von Ver­si­che­rungs­ver­trä­gen, son­dern auch die Betreu­ung der­sel­ben. B hät­te im Zuge einer regel­mä­ßi­gen Bestands­prü­fung den Deckungs­um­fang der Ver­si­che­rungs­ver­trä­ge des A über­prü­fen und die­se gege­be­nen­falls anpas­sen müs­sen. Dies habe er ver­säumt. Inso­fern sei nicht von einem Ver­stoß durch akti­ves Tun, son­dern von einem Ver­stoß durch Unter­las­sen aus­zu­ge­hen. Hier­zu heißt es in den Bedin­gun­gen übli­cher­wei­se:

„Wird ein Scha­den durch fahr­läs­si­ge Unter­las­sung ver­ur­sacht, so gilt im Zwei­fel der Ver­stoß als an dem Tag began­gen, an wel­chem die ver­säum­te Hand­lung spä­tes­tens hät­te vor­ge­nom­men wer­den müs­sen, um den Ein­tritt des Scha­dens abzu­wen­den.“

Näh­me man mit der X‑Versicherung tat­säch­lich einen Ver­stoß durch fahr­läs­si­ge Unter­las­sung an, wäre nach obi­ger Rege­lung von einem Ver­stoß kurz vor dem 20.06.2013 aus­zu­ge­hen, mit der Fol­ge, dass doch die V‑Versicherung zeit­lich zustän­dig gewe­sen wäre. Die­ser Rechts­auf­fas­sung der X‑Versicherung war jedoch im Hin­blick auf die Recht­spre­chung zur Bestim­mung des Ver­stoß­zeit­punk­tes nicht zuzu­stim­men. Denn bei der Ermitt­lung des ver­si­che­rungs­recht­lich maß­geb­li­chen Ver­sto­ßes ist nur dann von einer Pflicht­ver­let­zung durch Unter­las­sen aus­zu­ge­hen, wenn sich hin­sicht­lich des vor­ge­wor­fe­nen Ver­hal­tens im Rah­men der Gesamt­be­ur­tei­lung ein posi­ti­ves Tun nicht fest­stel­len lässt (KG Ber­lin, Urteil vom 24.04.2009 – 6 U 49/08). Im obi­gen Fall gab es jedoch unzwei­fel­haft ein „posi­ti­ves Tun“, näm­lich eben jene Bera­tung vom 22.03.2009. Die­se war zwar bezüg­lich des „Kutsch­fahrt-Risi­kos“ mög­li­cher­wei­se unvoll­stän­dig, eine unvoll­stän­di­ge Bera­tung beinhal­tet aber kei­ne Pflicht­ver­let­zung durch Unter­las­sen einer umfas­sen­den Bera­tung, son­dern eine Pflicht­ver­let­zung durch akti­ves Tun (Har­der in Veith/Gräfe/Gebert, Der Ver­si­che­rungs­pro­zess, § 20 Rn. 60).  Die ers­te Pflicht­ver­let­zung bleibt auch dann maß­geb­lich, wenn der VN spä­ter noch die Mög­lich­keit hat­te, die in Gang gesetz­te Kau­sal­ket­te zu unter­bre­chen und den Scha­den zu ver­mei­den (OLG Nürn­berg v. 26.05.1994; VersR 1994, 1462; OLG Saar­brü­cken v. 24.10.1990, VersR 1991, 457). Im Ergeb­nis war daher die X‑Versicherung für den Scha­dens­fall des B zustän­dig