„Gefährliche Zusage?“
Nicht nur bei einem „klassischen“ Anerkenntnis, sondern auch bei vertraglichen Zusagen oder der Übernahme von Garantien ist Vorsicht geboten. Gehen diese über die gesetzliche Haftpflicht hinaus, besteht kein Versicherungsschutz. Inwiefern dies tatsächlich der Fall ist, muss — wie so oft — einzelfallbezogen geprüft werden.
A. Ausgangslage
Makler M betreute bereits seit 2006 die privaten Versicherungsverträge seines Kunden X. Seit 2010 kümmerte er sich außerdem um die gewerblichen Versicherungsverträge des X, der Pächter einer Tankstelle mit angeschlossener Werkstatt war. X nahm dort unter anderem Reifenwechsel vor und lagerte die Sommer-/Winterreifen seiner Kunden in einem angrenzenden Lagerraum gegen ein geringes Entgelt ein. Dieser Service fand so großen Andrang, dass X 2012 zusätzlichen Lagerraum benötigte und auf einem benachbarten Grundstück mehrere Container anmietete. Seinen Makler M informierte X rechtzeitig über die geänderte Risikosituation. M veranlasste daraufhin die Anpassung der bestehenden Firmenversicherung. Bald stellte sich allerdings heraus, dass auch die angemieteten Container nicht ausreichten um alle Reifen unterzubringen. Da das Nachbargrundstück mit einem etwa zwei Meter hohen Zaun und zusätzlich durch Stacheldraht gesichert war, ging X dazu über, teilweise auch Reifen außerhalb der Container zu lagern. In der Nacht vom 12. auf den 13. Januar 2013 stellte sich allerdings heraus, dass der Zaun nicht die von X erhoffte Sicherheit bot, als unbekannte Täter Reifen im Wert von rund 15.000 EUR vom Grundstück entwendeten.
B. Die Ablehnung des Sachversicherers (Haftungsebene)
Als X am Morgen des 13. Januar den Diebstahl bemerkte, verständigte er zunächst die Polizei und rief direkt im Anschluss bei seinem Makler an. Er schilderte ihm den Sachverhalt und bat ihn, um Mitteilung inwiefern seine Firmenversicherung für den Schaden aufkommen würde. M, der gerade auf dem Weg zu einem wichtigen Kundentermin war, erklärte, X solle sich „keine Sorgen machen“, Versicherungsschutz bestünde „in jedem Fall“. Er werde umgehend eine Meldung an die Versicherung veranlassen. Dies bestätigte er dem X anschließend auch per E‑Mail. M ging dabei irrtümlich davon aus, dass die Reifen aus den umschlossenen Räumen des X entwendet worden seien. Dass tatsächlich im Freien gelagerte Reifen entwendet worden waren, hatte er in der Eile offenbar überhört. Möglicherweise hatte er sich auch schlichtweg versehen, als er die Versicherungsunterlagen des X zu Rate gezogen hatte. Dort hieß es:
„Sachen im Freien auf dem Grundstück, auf dem der Versicherungsort liegt, gelten gegen (FE) und (LW) mitversichert.“
Erst als X ihm eine Kopie der Strafanzeige zur Verfügung stellte, wurde M dieses Problems gewahr. Seine Befürchtungen bestätigten sich, als wenig später die I‑Versicherung in einem Schreiben an den X ausführte:
„Versicherungsschutz besteht über den vorbenannten Vertrag nur dann, wenn die Täter in das Gebäude einbrechen und die versicherten Sachen aus diesem entwenden. Im Freien gelagerte Sachen und Waren sind nicht gegen Diebstahl sondern nur gegen die Risiken Feuer und Leitungswasser versichert.“
C. Die Ablehnung des Vermögensschaden-Haftpflichtversicherers (Deckungsebene)
Wenig später erhielt M das Schreiben eines von X beauftragten Rechtsanwaltes. Er wurde aufgefordert den dem X entstandenen Schaden zu ersetzen. M hätte dem X bereits bei Anpassung seines Versicherungsvertrages versichert, dass grundsätzlich alle Reifen versichert seien, sofern das Grundstück durch einen Zaun gesichert sei. Dies hätte er auch nach Eintritt des Schadens nochmals bestätigt. Zudem hätte M, der selbst Kunde an der Tankstelle des X sei, sehen müssen, dass Reifen auch außerhalb der Container gelagert wurden. M meldete den Vorgang seiner Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung. Diese führte nach Prüfung des Falles aus, dass nach den Versicherungsbedingungen Versicherungsschutz nur für den Fall besteht, dass ein VN aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen für einen Vermögensschaden verantwortlich gemacht würde. Der Versicherungsschutz beziehe sich jedoch „nicht auf Haftpflichtansprüche soweit sie auf Grund Vertrages oder besonderer Zusage über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht hinausgehen“. Eine derartige Zusage habe der VN hier jedenfalls mit seiner E‑Mail vom 13. Januar abgegeben in der er dem X Versicherungsschutz bestätigte. Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung sei daher leistungsfrei.
D. Wertung
Die Begründung von der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung überzeugte nicht. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass der Makler bereits vor dem Diebstahl von den im Freien gelagerten Reifen wusste und diesbezüglich Versicherungsleistungen zugesichert hätte. In den Anträgen und Beratungsdokumentationen war ausschließlich die Rede davon, die in den Containern eingelagerten Gegenstände zu versichern. Es verblieben also objektiv betrachtet zunächst lediglich die Aussagen bzw. die E‑Mail des Maklers vom 13. Januar. Diese waren unseres Erachtens nicht als Zusage oder als Garantieerklärung im Sinne des von der Versicherung zitierten Ausschlussgrundes zu verstehen. Vielmehr handelte es sich um einen Irrtum des Maklers, bei dem zu fragen war, inwiefern die darauf beruhenden Aussagen tatsächlich einen Schaden des X verursacht hatten. Dies war nicht der Fall, da Makler M durch Anfrage bei einer Vielzahl von Versicherungsgesellschaften belegen konnte, dass es nicht möglich war, im Freien gelagerte Sachen gegen die Gefahr Einbruchdiebstahl zu versichern.
E. Ergebnis
Die fehlerhafte Aussage des Maklers zum Umfang des Versicherungsschutzes hatte hier also für sich betrachtet keinen Vermögensschaden des X zur Folge. Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung konnten wir vor diesem Hintergrund davon überzeugen, dass Versicherungsschutz in Form des Abwehrschutzes zu gewähren war.