Recht unverbindlich
Klagen, Streitverkündungen, Verzichtserklärungen sind nur einige der Mittel, die zum Jahreswechsel in den Fokus geraten, wenn es gilt, die drohende Verjährung von Schadensersatzansprüchen zu hemmen. Ist der Anspruchsgegner ein Versicherungsmakler mag auch ein Verfahren vor dem Ombudsmann für Versicherungen in Betracht kommen. Für uns Grund genug, dieses besondere Verfahren anhand eines nichtweihnachtlichen Praxisfalls einmal näher zu beleuchten.
Im Jahr 2009 schloss der spätere Anspruchsteller (A) über die Versicherungsmaklerin M1, die in der Rechtsform einer GmbH betrieben wurde, eine Wohngebäudeversicherung ab. Der Versicherungsvertrag lief in den folgenden Jahren unverändert fort. 2016 wechselte A in die Betreuung von Versicherungsmakler M2. Neue Versicherungsverträge wurden abgeschlossen, hinsichtlich der Wohngebäudeversicherung eine Bestandsübertragung veranlasst. Im November 2018 wurde das versicherte Gebäude durch einen Brand stark beschädigt. Das vom Wohngebäudeversicherer beauftragte Sachverständigenbüro stellte eine erhebliche Unterversicherung fest. A wollte dies nicht hinnehmen und berief sich auf einen im Vertrag verankerten Unterversicherungsverzicht. Der Versicherer hielt dem entgegen, dass der Unterversicherungsverzicht nur unter der Voraussetzung gewährt würde, dass bei Antragstellung alle Fragen richtig und vollständig beantwortet und bei der Versicherungssumme der zutreffende Preis eines anderen Jahres angegeben worden seien. Letzteres wäre hier offenkundig nicht der Fall gewesen, was der Makler zu verantworten hätte. Nun war es allerdings so, dass die M1 zum Zeitpunkt der Ablehnung des Gebäudeversicherers gar nicht mehr existierte und es A deshalb einfacher erschien, Schadensersatzforderungen in Höhe der ermittelten Unterversicherung – immerhin 75.000 EUR – gegenüber M2 geltend zu machen. Dieser hätte es nach der Bestandsübertragung versäumt, den Vertrag zu prüfen und anzupassen. M2 wies dies zurück. Bei Begründung des Maklermandats hätte es weder offensichtliche Anhaltspunkte für eine Unterversicherung gegeben noch sei eine Überprüfung des Vertrages von Grund auf gewünscht gewesen. A schaltete daraufhin den Ombudsmann für Versicherungen ein. M2 informierte seine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung.
Ombudsmannverfahren und Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung
Deckungsrechtlich stellt sich die Frage, ob und – falls ja – welche Regelungen es in den Versicherungsbedingungen zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung gibt, die sich auf ein Ombudsmannverfahren beziehen.
Grundsätzlich besteht für den Versicherungsnehmer einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung die Obliegenheit, eine Schadensanzeige zu veranlassen, wenn ein Dritter einen Haftpflichtanspruch gegenüber dem Versicherungsnehmer geltend macht. Das umfasst natürlich auch die Verpflichtung, den Versicherer über ein laufendes Ombudsmannverfahren zu informieren, sofern es in diesem Verfahren um Haftpflichtansprüche geht. Darüber hinaus ist in den AVB klargestellt, dass die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen, Prozesskostenhilfeanträge, Streitverkündungen und zum Teil auch Schiedsgerichtsverfahren anzuzeigen sind. Weitergehende, besondere Klauseln sehen die Versicherungsbedingungen in Bezug auf ein Ombudsmannverfahren dagegen regelmäßig nicht vor. Dies hat unterschiedliche Gründe. Zunächst werden überhaupt nur verhältnismäßig wenig Ombudsmannverfahren geführt, die ein Fehlverhalten eines Versicherungsmaklers zum Gegenstand haben. 2020 etwa hat sich der Ombudsmann für Versicherungen mit rund 13.200 Beschwerden befasst. Davon entfielen aber lediglich 298 Eingaben auf Vermittler und von diesen war nochmals ein nennenswerter Teil unzulässig. Neben dieser rein statistischen Komponente gibt es aber auch verfahrensimmanente Gründe, die besondere Klauseln zum Ombudsmannverfahren entbehrlich machen. Zwar besteht eine Pflicht zur Teilnahme am Ombudsmannverfahren (§ 17 Abs. 4 VersVermV), aber anders als bei Unternehmensbeschwerden können hier keine bindenden Entscheidungen getroffen werden. Es fehlt hierfür an einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Der Versicherungsvermittler muss sich also nicht an die Entscheidung des Ombudsmanns halten. (https://www.versicherungsombudsmann.de/das-schlichtungsverfahren/). Auch fallen Streitigkeiten im Zusammenhang mit der reinen Betreuung von Versicherungsverträgen nicht in die Zuständigkeit des Ombudsmanns (Vgl. § 1 Abs. 1 VermVO). Wenn man dann noch berücksichtigt, dass der Ombudsmann nach § 5 Abs. 3 S. 2 VermVO – im Gegensatz zu einem Zivilgericht – keine Beweise erhebt, abgesehen vom Urkundenbeweis, dann wird endgültig deutlich, warum es keiner besonderen Regelung in den Versicherungsbedingungen bedarf und weshalb regelmäßig auch keine anwaltliche Unterstützung für notwendig erachtet wird. Es gibt in diesem besonderen Verfahren für den Vermittler (und seinen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer) eben einfach wenig zu gewinnen aber auch genauso wenig zu verlieren: Scheitert der Beschwerdeführer vor dem Ombudsmann kann er trotzdem noch den normalen Zivilrechtsweg beschreiten, obsiegt er, muss der Vermittler dies nicht gegen sich gelten lassen. Letzteres ist wahrscheinlich manchem der wenigen Beschwerdeführer gar nicht bewusst. Andere hoffen vielleicht darauf, dass sie vor dem Ombudsmann zu ihrem Recht kommen und so die Anwalts- und Gerichtskosten sparen können, die bei einer Klage vor einem Zivilgericht (erst einmal) anfielen. Ein weiterer Grund, der gerade zum Jahresende hin an Bedeutung gewinnt, ist, dass nach § 201 Abs. 1 Nr. 4 BGB durch ein Ombudsmannverfahren eine drohende Verjährung gehemmt werden kann.
Das Ende vom Lied
Für den konkreten Fall bedeutete das, dass der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer die Sachverhaltsschilderung von M2 zur Kenntnis nahm und sich hinsichtlich der gegenüber dem Ombudsmann abzugebenden Stellungnahme mit M2 abstimmte. Der Ombudsmann half der Beschwerde (erwartungsgemäß) nicht ab. Eigentlich hätte der Ombudsmann dies schon aus dem Grunde tun können bzw. müssen, weil es hier um Schadensersatzforderungen aus der reinen Betreuung eines Vertrages ging (s.o.), tatsächlich berief man sich jedoch darauf, dass laut Maklervertrag keine Verpflichtung bestanden hätte, Inhalt und Umfang der Wohngebäudeversicherung zu prüfen und dass auch nicht ersichtlich gewesen sei, dass die Versicherungssumme zu gering bemessen gewesen sei. Zu der trotzdem möglichen Inanspruchnahme des Versicherungsmaklers M2 im Rahmen eines Zivilgerichtsverfahrens kam es danach nicht mehr.
Fazit:
Wenn zwischen einem Versicherungsnehmer, seinem Versicherungsmakler und dessen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer Einigkeit darüber besteht, dass Maklerpflichten verletzt wurden und daraus Schadensersatzansprüche resultieren, wird man es regelmäßig gar nicht erst zu einem Ombudsmannverfahren kommen lassen – eine rechtzeitige Schadensmeldung an den Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer vorausgesetzt. Sind dagegen Anspruchsvoraussetzungen oder die Schadenshöhe streitig, dann wird eine Entscheidung üblicherweise durch Gerichtsurteil und nicht durch Entscheidung des Ombudsmanns getroffen werden.