„Dop­pel­ter Abwehr­schutz“

Geht es um Haf­tungs­fra­gen im Zusam­men­hang mit der Ver­mitt­lung von Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­run­gen, spielt oft­mals die kor­rek­te Ermitt­lung des Ver­si­che­rungs­be­darfs, ins­be­son­de­re die Bestim­mung der zu ver­si­chern­den Tätig­kei­ten, eine wich­ti­ge Rol­le.

I. Haf­tungs­ebe­ne

Ver­si­che­rungs­mak­ler M betreu­te bereits seit län­ge­rem die pri­va­ten Ver­si­che­rungs­ver­trä­ge von Zim­mer­mann Z. Anfang 2008 erhielt er den Auf­trag, auch des­sen Zim­me­rei­be­trieb zu ver­si­chern. Nach ent­spre­chen­der Bera­tung wur­de am 11.02.2008 eine Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rung abge­schlos­sen. Die­se wur­de in den nächs­ten Jah­ren im Wesent­li­chen unver­än­dert fort­ge­führt. Nähe­re Auf­merk­sam­keit wid­me­te man dem Ver­trag erst wie­der, als Z im Herbst 2017 von einem sei­ner Kun­den auf Scha­dens­er­satz in Anspruch genom­men wur­de. Durch ein von Z angeb­lich feh­ler­haft ein­ge­deck­tes Dach soll­te nach hef­ti­gen Regen­fäl­len an den dar­un­ter­lie­gen­den Räum­lich­kei­ten ein Scha­den in Höhe von knapp 20.000 EUR ent­stan­den sein. Der von Z unmit­tel­bar hin­zu­ge­zo­ge­ne Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rer ließ den Scha­den zwar begut­ach­ten, lehn­te aber eine Regu­lie­rung ab. Begrün­det wur­de dies unter ande­rem damit, dass man zwar einen Zim­me­rei­be­trieb ver­si­chert hät­te, der Scha­den aber aus der Tätig­keit als Dach­de­cker resul­tie­re. Die Mit­ver­si­che­rung die­ses Risi­kos sei zwar pro­blem­los mög­lich gewe­sen, 2008 aber nicht bean­tragt und die Auf­nah­me die­ser Tätig­keit dem Ver­si­che­rer auch zu kei­nem spä­te­ren Zeit­punkt ange­zeigt wor­den. Z war zunächst nicht geneigt, die Ent­schei­dung sei­nes Ver­si­che­rers zu akzep­tie­ren. Über Mona­te zog sich die Kor­re­spon­denz zwi­schen ihm und dem Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rer hin. Weil Letz­te­rer aber auf der Ableh­nung beharr­te, for­der­te Z schließ­lich den M auf, ihn von den Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen sei­nes Kun­den frei­zu­hal­ten. Er hät­te schließ­lich schon immer auch Dach­de­cker­ar­bei­ten über­nom­men und dies bereits bei dem ers­ten Bera­tungs­ge­spräch zur Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rung zum Aus­druck gebracht.  M teil­te sei­nem Kun­den mit, er sei sich kei­ner Schuld bewusst. Par­al­lel zeig­te er den Vor­gang der Hans John Ver­si­che­rungs­mak­ler GmbH an.

II. Deckungs­ebe­ne

M hat­te sei­ne Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung zum 22.05.2007 über die A‑Versicherung abge­schlos­sen. Zum 22.05.2011 wech­sel­te er zur R‑Versicherung. Auf unser Anra­ten hin wur­de der Vor­gang vor­sorg­lich bei­den Ver­si­che­rern gemel­det. Dem lagen fol­gen­de Erwä­gun­gen zugrun­de:

Das (ver­meint­li­che) Ver­schul­den von M konn­te dar­in begrün­det sein, dass der Ver­trag zur Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rung seit 2008 nicht mehr aktua­li­siert wur­de. Näh­me man ein sol­ches pflicht­wid­ri­ges Unter­las­sen an, hät­te sich die R‑Versicherung des Falls anneh­men müs­sen, weil das Ver­säum­nis letzt­mals wäh­rend der Lauf­zeit des mit ihr abge­schlos­se­nen Ver­tra­ges hät­te nach­ge­holt wer­den kön­nen.

Wenn die von M ver­mit­tel­te Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rung von Anfang an nicht bedarfs­ge­recht war – was hier näher lag, weil Z vor­ge­tra­gen hat­te, er hät­te immer schon Dach­de­cker­ar­bei­ten aus­ge­führt – wäre der Ver­stoß auf den 11.02.2008 zu datie­ren. Dass der Feh­ler in den Fol­ge­jah­ren nicht kor­ri­giert wur­de, müss­te dann unbe­rück­sich­tigt blei­ben, weil es sich bei die­sem Unter­las­sen dann nicht um selb­stän­di­ge, neue Ver­stö­ße gehan­delt hät­te.

Die nach­fol­gen­de Prü­fung durch die invol­vier­ten Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer ergab, dass Haf­tungs­po­ten­ti­al eher im Hin­blick auf die Bera­tung und die Antrag­stel­lung im Jahr 2008 bestand. Die in den Fol­ge­jah­ren mit Z geführ­ten Bera­tungs­ge­sprä­che waren, auch durch Vor­la­ge umfang­rei­cher E‑Mail-Kor­re­spon­denz, gut doku­men­tiert. Es ließ sich so rela­tiv zuver­läs­sig nach­wei­sen, dass Z Anre­gun­gen zur Anpas­sung bestehen­der Ver­trä­ge – sofern dies nicht mit einer Kos­ten­re­du­zie­rung ein­her­ging – zumeist abge­blockt und auch kei­ne Ände­run­gen zur Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rung ange­zeigt hat­te. Dem­entspre­chend gewähr­te die R‑Versicherung dem M Ver­si­che­rungs­schutz in Form des Abwehr­schut­zes, falls er wegen einer pflicht­wid­rig unter­las­se­nen Ver­trags­an­pas­sung in Anspruch genom­men wer­den soll­te.

Weni­ger gut war die Aus­gangs­la­ge bezo­gen auf die Bera­tung und Ver­mitt­lung der Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rung im Jahr 2008. M erin­ner­te sich zwar vage dar­an, den Ver­si­che­rungs­be­darf ermit­telt und Z nach den kon­kret von ihm aus­ge­üb­ten Tätig­kei­ten gefragt zu haben, tat­säch­lich bele­gen ließ sich dies jedoch nicht. Weder der Ver­si­che­rungs­an­trag noch die sehr knapp gehal­te­ne Bera­tungs­do­ku­men­ta­ti­on waren dies­be­züg­lich ergie­big. Auch bei unter­stell­tem Mit­ver­schul­den (weil Z das Feh­len der Absi­che­rung für die Tätig­keit als Dach­de­cker nie auf­ge­fal­len war) und Anrech­nung der im Lau­fe der Jah­re ein­ge­spar­ten Prä­mi­en bestand somit ein nicht uner­heb­li­ches Haf­tungs­po­ten­ti­al für Ver­si­che­rungs­mak­ler M. Trotz­dem emp­fahl auch die A‑Versicherung, die mitt­ler­wei­le anwalt­lich gel­tend gemach­ten For­de­run­gen zurück­zu­wei­sen. Was zunächst über­ra­schend erschien, war dem Umstand geschul­det, dass man mitt­ler­wei­le den August 2018 schrieb. Die A‑Versicherung ging des­halb davon aus, dass Scha­dens­er­satz­an­sprü­che, die auf eine Pflicht­ver­let­zung bei Ver­mitt­lung der Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rung gestützt wür­den nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB ver­jährt wären. Auch der von Z man­da­tier­te Rechts­an­walt schien die Rechts­la­ge ähn­lich zu bewer­ten. Denn trotz der für sei­nen Man­dan­ten deut­lich schlech­te­ren Beweis­la­ge wur­den die Vor­wür­fe im wei­te­ren Ver­lauf schwer­punkt­mä­ßig auf ver­meint­li­che Ver­säum­nis­se bei der Betreu­ung des Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rungs­ver­tra­ges gestützt, ein Ver­schul­den bei Ver­trags­ver­mitt­lung dage­gen aus­ge­klam­mert.

III. Fazit

Schluss­end­lich hat Z sei­ne Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen nicht gericht­lich gel­tend gemacht, so dass kei­ner der invol­vier­ten Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer Kos­ten­schutz erbrin­gen oder eine Regu­lie­rung ver­an­las­sen muss­te. Dass außer­ge­richt­lich kei­ne fina­le Klä­rung mög­lich ist, wel­cher Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer Leis­tun­gen erbrin­gen muss, kommt aber durch­aus vor, weil dies eben immer auch davon abhängt, auf wel­che Pflichtverletzung(en) der Geg­ner sei­ne Ansprü­che stützt. Klar­heit bringt in sol­chen Fäl­len dann erst der Haf­tungs­pro­zess.