Direktinvestments sind riskant – das ist laut einer aktuellen BaFin Studie aber nicht jedem Anleger bekannt.[1] So hat nach der Studie etwa jeder Zweite bei Direktinvestments bereits Geld verloren.[2]
Versicherungsvermittler und Finanzanlagenvermittler (nachfolgend allgemein als „Vermittler“ bezeichnet) stehen oftmals im Fadenkreuz ihrer Kunden bzw. deren Rechtsanwälte, wenn das vermittelte Finanzprodukt nicht den erhofften wirtschaftlichen Erfolg bringt. Oftmals geht es bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nicht darum, was der Vermittler getan hat, sondern vielmehr, was er angeblich getan bzw. nicht getan hat. Der Abwehrschutz der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung ist daher ein wesentlicher Aspekt des Versicherungsschutzes des Vermittlers.
Abwehrschutz
Die Deckungszusage in der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung ist die Erklärung des Versicherers, dass er das Risiko des Versicherungsnehmers, von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, übernimmt. Gegenstand dieses Leistungsversprechens ist dabei die „finanzielle Abdeckung der aus dem einzelnen Haftpflichtfall erwachsenen Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers einem Dritten gegenüber“ (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1990 — IV ZR 184/89). Der Versicherer muss nach der Schadenmeldung durch den Versicherungsnehmer nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob er den Haftpflichtfall anerkennen und regulieren oder abwehren will.
Die Abwehrpflicht des Versicherers umfasst dabei nur die Abwehr von gedeckten Haftpflichtansprüchen. Dies folgt auch aus den Regelungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB).
„Die Kosten eines gegen den Versicherungsnehmer anhängig gewordenen, einen gedeckten Haftpflichtanspruch betreffenden Haftpflichtprozesses sowie einer wegen eines solchen Anspruchs mit Zustimmung des Versicherers vom Versicherungsnehmer betriebenen negativen Feststellungsklage oder Nebenintervention gehen voll zu Lasten des Versicherers.“ (HV 70 Teil 1 A § 3 Ziff. 7)
Der (behauptete) Verstoß muss zudem zeitlich in den versicherten Zeitraum der Berufshaftpflichtversicherung fallen und selbstverständlich auch inhaltlich unter den Versicherungsumfang fallen. Vermittler sollten daher stets prüfen, ob die Vermittlung eines bestimmten Produktes in den Umfang der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung fällt.
Rechtlich zulässige Tätigkeit
Der Versicherungsschutz der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung steht außerdem unter dem Generalvorbehalt der rechtlich zulässigen Tätigkeit. Grundsätzlich ist derjenige, der eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung beantragt, dazu verpflichtet festzustellen, welche Produkte er vermittelt und welcher Erlaubnispflicht er damit unterfällt.
Insbesondere bei der Vermittlung von Direktinvestments ist eine entsprechende Prüfung des Vermittlers dringend geboten. Direktinvestments standen in der Vergangenheit im Fokus der Gesetzgebung und wurden wiederholt reguliert. Der Gesetzgeber hat Direktinvestments unter dem Begriff der Vermögensanlage in § 1 Abs. 2 Nr. 7 Vermögensanlagegesetz (VermAnlG) definiert als „sonstige Anlagen“, die „eine Verzinsung und Rückzahlung oder einen vermögenswerten Barausgleich im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld gewähren oder in Aussicht stellen“. Mit einer Änderung des § 1 Absatz 2 Nummer 7 des Vermögensanlagegesetzes durch Artikel 10 Nummer 1 des Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetzes vom 30. Juni 2016 (BGBl. I S. 1514) wird nunmehr sichergestellt, dass auch Direktinvestments in Sachgüter, bei welchen der Rückerwerb der Anlage von dem Willen des Anbieters oder eines Dritten abhängt, von Nummer 7 erfasst werden. Hierbei handelt es sich um einen Auffangtatbestand, durch den sämtliche wirtschaftlich vergleichbare Vermögensanlagen in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbezogen werden.
Aus der vorgenannten Definition folgt, dass der einmalige Verkauf von beispielsweise Edelmetallen, Immobilien und Rohstoffen (z.B. Holz) nicht unter den Begriff der Vermögensanlage fallen, da diese eben kein „Exitszenario“ vorsehen.
Gleichwohl wird man hier aufpassen und die konkrete Ausgestaltung des jeweiligen Produktes und damit die Frage der Erlaubnispflicht kritisch hinterfragen müssen.
Doch wie erkennt ein Vermittler, ob die Vermittlung eines Direktinvestments erlaubnispflichtig ist oder nicht? Handelt es sich bei dem Direktinvestment um eine Vermögensanlage i.S.d. VermAnlG, muss der Anbieter einen Verkaufsprospekt veröffentlichen, § 6 VermAnlG. Für die Vermittlung solcher Produkte ist die Erlaubnis gemäß § 34 f Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GewO erforderlich.
In der „allgemeinen Muster-Verwaltungsvorschrift § 34f/§ 34h GewO/FinVermV“, die auf der Seite des BMWi abgerufen werden kann, heißt es unter Randnummer 24, dass auf der Internetseite der BaFin nach einem Prospekt der Kapitalanlage gesucht werden kann. Gleichzeitig wird aber auch die Gefahr eines Zirkelschlusses verdeutlicht:
„Aus der Tatsache, dass sich ein Prospekt über ein Anlageangebot nicht in der Datenbank befindet, kann nicht geschlossen werden, dass das Anlageangebot keine Vermögensanlage im Sinne des § 1 Absatz 2 VermAnlG darstellt. Ist eine Vermögensanlage nicht in der BaFin-Datenbank enthalten, ist daher eigenständig zu prüfen, ob eine Vermögensanlage im Sinne des § 1 Absatz 2 VermAnlG vorliegt.“
Mögliche Gründe, warum ein Prospekt nicht in der Datenbank enthalten ist, liefert die allgemeine Muster-Verwaltungsvorschrift. Häufige und beachtenswerte Ursache ist hierbei insbesondere, dass
„eine Vermögensanlage im Sinne des § 1 Absatz 2 VermAnlG […]ohne einen durch die BaFin gebilligten Vermögensanlagen-Verkaufsprospekt unerlaubt öffentlich angeboten“
wird. Entsprechende Mitteilungen veröffentlicht die BaFin regelmäßig, wie zahlreiche Beispiele aus der jüngeren Praxis verdeutlichen.
Direktinvestments – „Eigentum“ als vermeintliche Sicherheit?
Direktinvestments außerhalb des Anwendungsbereichs des Vermögensanlagengesetztes sind nur selten Gegenstand der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung. Als „marktübliche“ Einschlussmöglichkeit kann man die Vermittlung von physischen Edelmetallen betrachten. Seltener kann der Vermittler darauf hoffen, dass die Vermittlung von „Baumkaufverträgen“ oder von „Solarkaufverträgen“ über die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung eingeschlossen werden kann.
Ist die Vermittlung des Anlageproduktes nicht vom Versicherungsschutz der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung umfasst, geht das Kostenrisiko der Inanspruchnahme voll zulasten des Vermittlers. Oftmals wähnen sich Vermittler dabei in vermeintlicher Sicherheit, dass bei der Vermittlung der angebotenen Anlage Sachwerte vermittelt werden und dem Anleger „Eigentum“ an der vermittelten Sache verschafft wird.
Aber wie wird wirksam „Eigentum“ an den vermittelten Produkten begründet? Bei deutschen Produkten ist diese Frage grundsätzlich einfach zu beantworten, wenngleich auch hier Problemfelder bestehen. So kann insbesondere der erforderliche Bestimmtheitsgrundsatz fraglich sein. Ist der Gegenstand in einer Sachgesamtheit (Kauf einer bestimmten Menge Gold, die in einem bestimmten Safe gelagert wird) individualisierbar?
Und wie sieht es bei ausländischen Direktinvestments, wie einer indonesischen Hühnerfarm, argentinischen Rindern oder einer Baumplantage in Südamerika aus? Die sachenrechtliche Zuordnung richtet sich grds. nach dem Recht des Staates, in dem sich der Gegenstand befindet, Art. 43 EGBGB (lex rei sitae). Die rechtliche Bewertung erfordert damit Kenntnisse des internationalen Sachenrechts. Im Falle eines Direktinvestments in Form eines „Baumkaufvertrages“ stellt sich die Frage, ob überhaupt wirksam Eigentum an einem gepflanzten Baum — unabhängig vom Grundstück, auf dem der Baum steht — erworben werden kann. In Deutschland ist dies nach geltendem Recht nicht möglich.[3] In Brasilien aber schon — das OLG Koblenz (6 U 1582/19 – 8.10.2020) musste sich mit einem entsprechenden Fall beschäftigen.
Und wie sieht es mit beweglichen Sachen (z.B. Containern) aus, die im internationalen Transport unterwegs sind? Nach welchem Recht ist hier der Eigentumserwerb zu bewerten? Im Fall P&R hat das OLG München am 13.07.2020 in einem Hinweisbeschluss (8 U 2610/20) darauf hingewiesen, dass das Belegenheitsrecht nach Art. 43 EGBGB bei beweglichen Sachen, die sich im internationalen Transport (res in transitu) befinden, verdrängt wird.
Hätten Sie´s gewusst? Aber viel wichtiger: Müssen Sie das alles so im Details wissen und den Anleger dann auch noch entsprechend aufklären? Nein. Das OLG München weist darauf hin, dass es sich „um eine schwierige und ungeklärte Rechtsfrage [handelt], die ein Anlagevermittler regelmäßig nur unter Inanspruchnahme sachkundiger Hilfe (Rechtsgutachten) abklären könnte, wozu er aber nicht verpflichtet ist.“
Fazit
Vermittler sollten stets prüfen, ob die Vermittlung von Produkten unter den Umfang der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung fällt. Auf Aussagen der Produktanbieter allein sollte sich der kritische Vermittler nicht verlassen – dies gilt insbesondere dann, wenn er allein die (Kosten-) Risiken der Vermittlung trägt.
[1] Abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/dl_Graumarktstudie_2020.html
[2] Die BaFin weist jedoch selbst darauf hin, dass die Fallzahl insgesamt sehr gering ist)
[3] BGH, VI ZR 85/74: Bäume sind wesentliche Bestandteile des Grundstücks, auf dem sie stehen, § 94 BGB. Eine Ausnahme besteht nur bei vorübergehender Verbindung, § 95 BGB (Bsp.: Baumschule, OLG Hamm, 9 U 206/90)