„Zu spät!“

Eigent­lich soll­te es eine Selbst­ver­ständ­lich­keit sein, sei­ne Berufs­haft­pflicht­ver­si­che­rung zu kon­tak­tie­ren, wenn man sich mit Haft­pflicht­an­sprü­chen aus der aus­ge­üb­ten Tätig­keit kon­fron­tiert sieht. Trotz­dem kommt es lei­der immer wie­der vor, dass Scha­dens­fäl­le dem Ver­si­che­rer erst gemel­det wer­den, wenn in ers­ter Instanz bereits Urtei­le ergan­gen sind. Wer­den die­se dann auch noch rechts­kräf­tig, weil Fris­ten ver­säumt wer­den, kann dies ver­hee­ren­de Fol­gen haben.

A. Haf­tungs­ebe­ne

Der Kun­de A unter­hielt bei der G‑Versicherung meh­re­re Ver­si­che­rungs­ver­trä­ge für die von ihm betrie­be­ne Kfz-Werk­statt. Nach­dem die G‑Versicherung Im Juni 2011 einen klei­ne­ren Inhalts­scha­den nicht zur voll­stän­di­gen Zufrie­den­heit von A regu­liert hat­te, kün­dig­te A alle dort unter­hal­te­nen Ver­trä­ge und beauf­trag­te Ver­si­che­rungs­mak­ler M für Anschluss­ver­si­che­run­gen zu sor­gen. Auf Ver­mitt­lung des M kamen in der Fol­ge­zeit meh­re­re Ver­si­che­rungs­ver­trä­ge mit der W‑Versicherung zustan­de, dar­un­ter auch eine Gebäu­de­ver­si­che­rung. Im Okto­ber 2013 kam es an einer der Werk­hal­len des A zu nicht uner­heb­li­chen Hagel­schä­den. A mel­de­te die­se der W‑Versicherung. Die W‑Versicherung lehn­te jedoch eine Regu­lie­rung ab. Sturm-/Ha­gel­schä­den sei­en nicht mit­ver­si­chert. A kon­fron­tier­te M mit der Ableh­nung und for­der­te von ihm eine Über­nah­me der Repa­ra­tur­kos­ten, weil die­ser ihm einen offen­sicht­lich unzu­rei­chen­den Ver­si­che­rungs­ver­trag ver­mit­telt hät­te. Ihm sei dadurch ein Scha­den von rund 10.000,- EUR ent­stan­den.

B. Deckungs­ebe­ne

M mel­de­te den Fall sei­ner Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung (VSH) und bat um Regu­lie­rung des Scha­dens. Er kön­ne sich nicht erklä­ren, wes­halb bei Antrag­stel­lung von ihm kein Kreuz beim Sturm-/Ha­gel-Risi­ko gesetzt wur­de.

Die VSH bestä­tig­te zunächst dem Grun­de nach Ver­si­che­rungs­schutz, war aller­dings skep­tisch, ob tat­säch­lich ein Mak­ler­feh­ler vor­lag. Zwar lie­ßen die von M ange­fer­tig­ten Bera­tungs­do­ku­men­ta­tio­nen kei­nen Rück­schluss dar­auf zu, ob die ein­zel­nen Risi­ken von A und M bespro­chen wur­den, jedoch sei auch für A ersicht­lich gewe­sen, dass nach der von der W‑Versicherung aus­ge­stell­ten Poli­ce kein Ver­si­che­rungs­schutz für Sturm-/Ha­gel­schä­den bestand. A müs­se sich dem­entspre­chend ein erheb­li­ches Mit­ver­schul­den anrech­nen las­sen.  Die­ses Argu­ment über­zeugt nur bedingt. Denn die §§ 61 bis 63 VVG sta­tu­ie­ren eine aus­drück­li­che Bera­tungs­pflicht des Ver­si­che­rungs­mak­lers. Der VN, der sich in Ver­si­che­rungs­an­ge­le­gen­hei­ten von einem Mak­ler betreu­en lässt, soll des­halb grund­sätz­lich dar­auf ver­trau­en dür­fen, dass sich der Mak­ler um alle dies­be­züg­li­chen Inter­es­sen küm­mert. Die Recht­spre­chung ver­neint in der­ar­ti­gen Fäl­len im Regel­fall ein Mit­ver­schul­den des VN.

Berech­tigt erschie­nen die Zwei­fel der VSH aber aus einem ande­ren Grund. So ergab sich aus dem mit der G‑Versicherung geschlos­se­nen Vor­ver­trag, dass auch schon in der Ver­gan­gen­heit kei­ne Sturm-/Ha­gel­schä­den mit­ver­si­chert waren. Man konn­te sich inso­fern durch­aus fra­gen, ob A nicht bewusst – mög­li­cher­wei­se aus Kos­ten­grün­den – auf den ent­spre­chen­den Ein­schluss ver­zich­tet hat­te. Es pass­te ins Bild, dass A auf ein von M aus­ge­ar­bei­te­tes Ange­bot, Sturm-/Ha­gel­schä­den wenigs­tens für die Zukunft zu ver­si­chern, nicht reagier­te. Scha­dens­min­dernd wären im Übri­gen auch eine von A erspar­te Mehr­prä­mie und ein etwa­iger Selbst­be­halt zu berück­sich­ti­gen gewe­sen. Die Ent­schei­dung der VSH, dem M anstel­le einer Regu­lie­rung Ver­si­che­rungs­schutz in Form des Abwehr­schut­zes zu gewäh­ren, erschien vor die­sem Hin­ter­grund durch­aus kor­rekt. Grund­sätz­lich steht die­se Ent­schei­dung ohne­hin im Ermes­sen des Ver­si­che­rers. Die For­de­run­gen des A wur­den dem­entspre­chend zurück­ge­wie­sen, M auf­ge­for­dert, die VSH zu infor­mie­ren, soll­te ihm eine Kla­ge zuge­stellt wer­den.

Für M war mit der Ent­schei­dung sei­ner VSH nun eigent­lich die Gefahr gebannt. Im Fal­le einer Kla­ge hät­te die VSH ihm einen Anwalt benannt und die zur Ver­tei­di­gung not­wen­di­gen Kos­ten über­nom­men. Und hät­te das Gericht  — ent­ge­gen der Ein­schät­zung der VSH — M doch zur Zah­lung von Scha­dens­er­satz ver­ur­teilt, dann wäre M allen­falls mit sei­nem Selbst­be­halt belas­tet wor­den.

C. Zurück auf Haf­tungs­ebe­ne

Tat­säch­lich pas­sier­te zunächst nichts der­glei­chen. Erst gut drei Jah­re spä­ter — offen­bar fürch­te­te A — sei­ne ver­meint­li­chen Ansprü­che gegen Mak­ler könn­ten ver­jäh­ren, wur­de Kla­ge beim zustän­di­gen Land­ge­richt erho­ben. Die­se wur­de dem M am 09.01.2017 zuge­stellt. M war jedoch einen Tag zuvor in Urlaub gefah­ren. Als er am 28.01.2017 aus dem Urlaub zurück­kehr­te, war die Not­frist zur Anzei­ge der Ver­tei­di­gungs­be­reit­schaft (23.01.) bereits abge­lau­fen. Es erging ein Ver­säum­nis­ur­teil, dass M wie­der­um eini­ge Tage spä­ter zuge­stellt wur­de. Unver­ständ­li­cher­wei­se reagier­te M weder auf die Kla­ge noch auf das Ver­säum­nis­ur­teil. Dabei hät­te gegen das Ver­säum­nis­ur­teil Ein­spruch ein­ge­legt wer­den kön­nen, mit der Fol­ge, dass der Pro­zess in die Lage zurück­ver­setzt wor­den wäre, in der er sich vor Ein­tritt der Ver­säum­nis fand. Weil M jedoch gänz­lich untä­tig blieb, wur­de das Ver­säum­nis­ur­teil rechts­kräf­tig. Erst als sich der Gerichts­voll­zie­her bei M mel­de­te, setz­te sich die­ser wie­der mit sei­ner VSH in Ver­bin­dung — zu  spät!

D. Fazit

Letzt­lich hät­te es aus­ge­reicht, wenn M nur dafür gesorgt hät­te, dass die in sei­ner Abwe­sen­heit  zuge­stell­te Kla­ge an die VSH wei­ter­ge­ge­ben wor­den wäre, so dass die­se für ihn einen Anwalt hät­te beauf­tra­gen kön­nen. Bei dies­be­züg­li­chen Pro­ble­men und Rück­fra­gen ste­hen auch wir den Ver­tre­tern unse­rer Kun­den selbst­ver­ständ­lich immer ger­ne zur Ver­fü­gung.

Übri­gens: Selbst nach­dem bereits das Ver­säum­nis­ur­teil ergan­gen war, hät­te die VSH noch Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen erbracht, hät­te M sich nur gemel­det. Ledig­lich die zusätz­li­chen, durch die Ver­säum­nis ver­an­lass­ten Kos­ten hät­te M im Rah­men sei­ner Scha­den­min­de­rungs­ob­lie­gen­heit über­neh­men müs­sen, weil man wohl durch­aus von ihm hät­te erwar­ten kön­nen, dafür Sor­ge zu tra­gen, dass in sei­ner Abwe­sen­heit eine gewis­se Kon­trol­le der ein­ge­hen­den Post erfolgt.