„Sturm „Niklas“ und das Fax“

Erbringt die von einem Ver­si­che­rungs­mak­ler ver­mit­tel­te Ver­si­che­rung nicht die vom VN erhoff­ten Leis­tun­gen, rich­tet sich der Unmut des VN häu­fig auch direkt gegen den Mak­ler – selbst dann, wenn es eigent­lich der Ver­si­che­rer ist, der einen Feh­ler began­gen hat.

A. Haf­tungs­ebe­ne

2009 beriet Mak­ler M erst­mals den Hote­lier H zu des­sen Geschäfts­ge­bäu­de-Ver­si­che­run­gen. K plan­te gera­de, ein zwei­tes Hotel zu eröff­nen, streb­te hier­für aller­dings zunächst eine mög­lichst preis­wer­te Ver­si­che­rungs­lö­sung an. Auf Ver­mitt­lung von M kam schließ­lich ein Ver­si­che­rungs­ver­trag mit der B‑Versicherung zustan­de, der eine Feu­er- und eine Lei­tungs­was­ser­ver­si­che­rung beinhal­te­te.

Da das Geschäft des H flo­rier­te, bau­ten M und K ihre Geschäfts­be­zie­hun­gen in den Fol­ge­jah­ren bestän­dig aus. 2014 wur­de schließ­lich eine Anpas­sung des mit der B‑Versicherung abge­schlos­se­nen Ver­tra­ges not­wen­dig, weil H ange­baut hat­te und die Ver­si­che­rungs­sum­me erhöht wer­den muss­te. M nahm am 13.06.2014 einen ent­spre­chen­den Ände­rungs­an­trag auf. Tele­fo­nisch einig­te man sich am Fol­ge­tag noch dar­auf, den Ver­trag zusätz­lich um das Sturm-/Ha­gel­ri­si­ko zu erwei­tern. M fer­tig­te dar­auf­hin ein Begleit­schrei­ben zum Ände­rungs­an­trag an die B‑Versicherung aus. Den eben­falls erbe­te­nen Ein­schluss der Sturm-/Ha­gel­ver­si­che­rung erwähn­te er in einem Neben­satz. Schrei­ben und Ände­rungs­an­trag fax­te M noch am glei­chen Tag an die B‑Versicherung und gab bei­des sodann in die Post. Die B‑Versicherung erstell­te am 25.06.2014 einen Nach­trag, der zwar die Anpas­sung der Ver­si­che­rungs­sum­me doku­men­tier­te, nicht jedoch den Ein­schluss der Sturm-/Ha­gel­ver­si­che­rung. Der Nach­trag wur­de direkt an H ver­schickt, eine Kopie erreich­te das Büro des M am 29.06.2014. M war zu die­sem Zeit­punkt im Urlaub. Ein ange­stell­ter Mit­ar­bei­ter kon­trol­lier­te zwar den Nach­trag und glich auch die Ver­si­che­rungs­sum­men ab, über­sah jedoch eben­falls die von M bean­trag­te Erwei­te­rung um das Sturm-/Ha­gel­ri­si­ko.

2015 wur­de das Hotel des H von Sturm „Niklas“ erheb­lich in Mit­lei­den­schaft gezo­gen. H hat­te einen Scha­den von rund 17.000,- EUR zu bekla­gen, des­sen Aus­gleich er direkt von der B‑Versicherung ver­lang­te. Doch die B‑Versicherung lehn­te unter Hin­weis dar­auf, dass der dor­ti­ge Ver­trag ledig­lich eine Feu­er- und eine Lei­tungs­was­ser­ver­si­che­rung beinhal­te, eine Erstat­tung ab. H kon­tak­tier­te dar­auf­hin M, der ver­sprach, sich der Sache anzu­neh­men. Ent­setzt muss­te M nach Rück­spra­che mit der B‑Versicherung fest­stel­len, dass der Ein­schluss des Sturm-/Ha­gel­ri­si­kos tat­säch­lich nicht doku­men­tiert wor­den war. Sein Hin­weis auf das Schrei­ben vom 14.06.2014 fand kei­ne Berück­sich­ti­gung. Die B‑Versicherung bestritt, ein sol­ches Schrei­ben erhal­ten zu haben. Den Nach­trag vom 25.06.2014 habe man auf­grund des Ände­rungs­an­tra­ges vom 13.06.2014 erstellt, den man aus­schließ­lich per Fax erhal­ten habe. Ein Begleit­schrei­ben sei nicht bei­gefügt gewe­sen. H war erbost. Wenn die B‑Versicherung sei­nen Scha­den nicht erset­zen wür­de, dann müs­se M für den Scha­den gera­de ste­hen. Schließ­lich hät­te M es offen­sicht­lich ver­säumt, den Nach­trag vom 25.06.2014 zu kon­trol­lie­ren.

B. Deckungs­ebe­ne

M, der den Ver­lust einer wich­ti­gen Kun­den­ver­bin­dung fürch­te­te, mel­de­te den Vor­gang dar­auf­hin sei­ner Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung und bat um Regu­lie­rung des dem H ent­stan­de­nen Scha­dens. Nach Aus­wer­tung der dem M vor­lie­gen­den Unter­la­gen und Prü­fung der Haft­pflicht­fra­ge ent­schied sich der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer aller­dings — zur Ent­täu­schung des M — Ver­si­che­rungs­schutz in Form des Abwehr­schut­zes zu gewäh­ren. Nach Auf­fas­sung des Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rers war H gehal­ten, nöti­gen­falls die B‑Versicherung zu ver­kla­gen. Zwar habe M den Ein­schluss der Sturm-/Ha­gel­ver­si­che­rung nicht nach­ge­hal­ten, das über­wie­gen­de Ver­schul­den lie­ge aller­dings bei der B‑Versicherung. Deren Vor­trag zu dem angeb­lich nicht erhal­te­nen Begleit­schrei­ben sei nach Recht­spre­chung des BGH unzu­rei­chend. Der Sen­de­be­richt mit „OK-Ver­merk“, den M zu sei­nem Fax vor­ge­legt hät­te, wei­se dar­auf hin, dass ins­ge­samt zwei Sei­ten an die B‑Versicherung gefaxt wor­den sei­en. Die­se hät­te den Erhalt eines Faxes auch bestä­tigt. Die B‑Versicherung kön­ne sich vor die­sem Hin­ter­grund nicht ohne wei­te­res dar­auf zurück­zie­hen, das Begleit­schrei­ben nicht erhal­ten zu haben, ins­be­son­de­re da M vor­ge­tra­gen hat­te, die B‑Versicherung par­al­lel auch pos­ta­lisch ange­schrie­ben zu haben. Dane­ben müs­se sich im Übri­gen auch H einen Mit­ver­schul­dens­an­teil anrech­nen las­sen, weil auch er nicht bemerkt hät­te, dass der Nach­trag vom 25.06.2016 nur die Erhö­hung der Ver­si­che­rungs­sum­me doku­men­tier­te. Scha­dens­min­dernd sei zudem die erspar­te Mehr­prä­mie zu berück­sich­ti­gen.

C. Wer­tung

Die Mehr­prä­mie, die H hier dadurch ein­spar­te, dass sein Ver­trag nicht um das Sturm-/Ha­gel­ri­si­ko erwei­tert wur­de, fiel bei dem oben geschil­der­ten Scha­den natür­lich nicht nen­nens­wert ins Gewicht und H hät­te die­se sicher­lich ger­ne nach­träg­lich ent­rich­tet, wenn die B‑Versicherung dafür den ihm ent­stan­de­nen Scha­den regu­liert hät­te. Hin­sicht­lich eines etwa­igen Mit­ver­schul­dens eines VN ist anzu­mer­ken, dass die Recht­spre­chung sehr zurück­hal­tend ist, wenn der betref­fen­de VN, hier der H, durch einen Mak­ler betreut wird, der ja als des­sen Sach­wal­ter fun­giert. Letzt­lich dürf­ten die­se bei­den Punk­te jedoch auch nicht aus­schlag­ge­bend für die Ent­schei­dung des Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rers gewe­sen sein, dem M Abwehr­schutz zu gewäh­ren. Maß­geb­lich war wohl eher das frag­wür­di­ge Ver­hal­ten der B‑Versicherung. Sicher­lich ver­blieb auch bei Mak­ler M ein gewis­ses Haf­tungs­po­ten­ti­al, aber die Ent­schei­dung für Abwehr­schutz erschien den­noch nicht unan­ge­mes­sen oder gar will­kür­lich. Zu beach­ten ist in die­sem Zusam­men­hang, dass grund­sätz­lich der Haft­pflicht­ver­si­che­rer die Ent­schei­dungs­ho­heit dar­über hat, ob er einen Anspruch als berech­tigt aner­ken­nen und die­sen regu­lie­ren will oder ob er sei­nen VN gegen eine nach sei­ner Auf­fas­sung unbe­rech­tig­te Inan­spruch­nah­me ver­tei­di­gen will. Die­ser Ermes­sens­spiel­raum des Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rers birgt häu­fi­ger Kon­flikt­po­ten­ti­al. Vor allem eben dann, wenn es nicht (nur) der Mak­ler, son­dern (auch) die von ihm ver­mit­tel­te Ver­si­che­rung ist, die sich ver­trags­wid­rig ver­hält. Natür­lich sieht sich der Mak­ler in der­ar­ti­gen Fäl­len gegen­über sei­nem Kun­den — zumin­dest mora­lisch — in der Ver­ant­wor­tung, weil er schließ­lich den Ver­si­che­rungs­ver­trag mit dem „schlech­ten“ Ver­si­che­rer ver­mit­telt hat. Doch für das ver­trags­wid­ri­ge Ver­hal­ten des Ver­si­che­rers hat letzt­lich auf Haf­tungs­ebe­ne nicht der Mak­ler ein­zu­ste­hen. Dem­entspre­chend wird auch des­sen Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer regel­mä­ßig nicht den Scha­den des Kun­den regu­lie­ren und den Erstat­tungs­be­trag dann beim Sach­ver­si­che­rer regres­sie­ren. Zwar wäre dies für den Mak­ler sicher oft­mals eine ange­neh­me Lösung und teil­wei­se geht auch die Erwar­tungs­hal­tung eini­ger Kol­le­gen in die­se Rich­tung, sach­ge­recht ist dies aller­dings nicht. Die Gefahr, dass ein Ver­trags­part­ner des Kun­den sei­nen ver­trag­li­chen Pflich­ten nicht nach­kommt, ent­stammt pri­mär der Risi­ko­sphä­re des Kun­den. Will der Kun­de dies­be­züg­lich Vor­sor­ge tref­fen, dann soll­te er dies durch Abschluss einer Rechts­schutz­ver­si­che­rung tun.