Vermeintliche Deckungslücke
„Unser Erfolgsgeheimnis? Es gibt keine Geheimnisse.“ hieß es in einem Prospekt der insolventen P&R‑Gruppe. Was in der Rückschau wie ein schlechter Scherz anmutet, überzeugte in der Praxis tausende Anleger – vor allem weil P&R jahrzehntelang immer den vertraglich eingegangenen Verpflichtungen nachgekommen war. Umso böser war dann bekanntlich das Erwachen – nicht nur für die Anleger, sondern auch für manchen Vermittler von P&R‑Verträgen.
Haftungsebene
Der Ausgangsfall ist schnell erzählt: Anleger G hatte seit Anfang 2009 immer wieder über die F‑GmbH in Container des einstigen Marktführers investiert und ein knappes Dutzend Kaufverträge mit einem Gesamtvolumen von etwa 180.000 EUR gezeichnet. Nachdem das Container-Kartenhaus dann im März 2018 in sich zusammengefallen war – mit rund einer Million Stahlkisten weniger als es hätten sein sollen – folgte G schnell dem Ruf einer auf das Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei. Dort kam man zu dem Schluss, dass die F‑GmbH aus fehlerhafter Anlageberatung nach § 280 Abs. 1 BGB haften würde, da sie weder anleger- noch objektgerecht beraten hätte. Mit Schreiben vom 26.09.2018 wurden die vermeintlichen Versäumnisse dann in üblicher Manier aufgelistet und Schadensersatz in sechsstelliger Höhe gefordert.
Deckungsebene
Da die F‑GmbH im Verlauf der hier relevanten Tätigkeiten nicht über einen, sondern über zwei Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer versichert war und die streitgegenständlichen Investments in die Laufzeit beider Versicherer fielen, musste logischerweise auch eine Schadensmeldung an beide Risikoträger erfolgen.
Auf die A‑Versicherung entfielen nur einige wenige Investments, bei denen es sich um solche handelte, die § 34f GewO-pflichtig waren. Nach Prüfung der vorgelegten Unterlagen gewährte die A‑Versicherung ihrer Versicherungsnehmerin relativ schnell Abwehrschutz.
Weniger einfach gestaltete sich die Prüfung bei dem Vorversicherer, der B‑Versicherung. Hier blieb eine Deckungszusage zunächst aus. Gemäß der vereinbarten Versicherungsbedingungen, so der Versicherer, sei Voraussetzung für den Versicherungsschutz, dass der Versicherungsnehmer ein Risikoprofil des Anlegers sowie eine von diesem unterschriebene Dokumentation zu den wirtschaftlichen Risiken der Kapitalanlage, insbesondere zum Totalverlustrisiko, vorlegen könne. Diese Annahme ging jedoch fehl, da sich die zitierten Deckungsvoraussetzungen auf die Vermittlung geschlossener Fonds bezogen und nicht auf Direktinvestments. Dem stimmte der Versicherer nach entsprechendem Hinweis durch unsere Schadenabteilung zwar zu, zugleich stellte man jedoch fest, dass die Vermittlung von Kauf- und Verwaltungsverträgen über Container nicht versichert gewesen wäre. Dem war allerdings nur auf den ersten Blick zuzustimmen. Denn tatsächlich hatte es 2008 eine Vertragsanpassung gegeben. Damals war der Versicherungsnehmerin ein Angebot des Versicherers vorgelegt worden, das (mit entsprechender Zusatzklausel) vorsah, dass eben auch „die Vermittlung von Containern einschließlich der hiermit im Zusammenhang stehenden Container-Bewirtschaftungsverträge“ mitversichert sein sollte. Es war dann jedoch vom Versicherer kein gesonderter Nachtrag mit dieser Zusatzklausel erstellt worden. Da das Angebot aber unstreitig von der Versicherungsnehmerin angenommen worden war, musste der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer die Deckungserweiterung gegen sich gelten lassen (vgl. § 5 II 2, III VVG). Folgerichtig wurde schließlich auch von der B‑Versicherung Abwehrschutz gewährt. Im nachfolgenden Haftungsverfahren wurden die von G geltend gemachten Schadensersatzforderungen dann als unbegründet abgewiesen. Nach den Feststellungen des Landgerichts war die F‑GmbH nicht als Anlageberaterin, sondern als Anlagevermittlerin tätig geworden und hatte die sie aus diesem Rechtsverhältnis treffenden Verpflichtungen nicht verletzt.
Fazit:
Angesichts der Regulierung des sogenannten grauen Kapitalmarkts und der damit verbundenen gesetzgeberischen Vorgaben zum Nachweis einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung ist das Risiko einer Deckungslücke heute ungleich geringer als etwa noch vor Einführung des § 34f GewO. Nichtsdestotrotz wird es immer Produkte geben, deren Vermittlung (noch) nicht in den regulierten Bereich fällt. P&R ist hierfür geradezu ein Paradebeispiel.
Über die Hans John Versicherungsmakler GmbH:
Die Hans John Versicherungsmakler GmbH aus Hamburg bietet mit einem Kompetenzteam u. a. aus Volljuristen und Versicherungskaufleuten einen Vollservice in der Vermögensschaden-Haftpflicht an – inklusive umfassender Betreuung im Schadensfall. Die Hans John Versicherungsmakler GmbH ist seit Jahren einer der Marktführer in ihrem Segment.
Ansprechpartner zu dieser Meldung:
Ass. jur. Rudolf Bauer, LL.M. Versicherungsrecht, Prokurist der Hans John Versicherungsmakler GmbH
E‑Mail: schaden@haftpflichtexperten.de