„Doppelbelastung“
Geht es um die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, so haben Schäden aus dem Bereich der Darlehensvermittlung bis vor einigen Jahren noch ein Nischendasein gefristet, verglichen etwa mit der Schadensfrequenz aus dem Bereich der Finanzanlagevermittlung. Mittlerweile kommt es aber mit einiger Regelmäßigkeit auch zu Fällen aus diesem Bereich. Fehlerhaft berechnete Fristen bilden dabei die wohl häufigste Ursache.
A. Der Haftungsfall
Kundin N benötigte im Jahr 2007 eine Immobilienfinanzierung. Auf Vermittlung der Kreditvermittlerin K kam seinerzeit ein Darlehensvertrag mit der D‑Bank zustande. Dieser Vertrag sollte durch Ausübung des Sonderkündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nach zehn Jahren zugunsten eines Vertrages mit geringerer Zinsbelastung abgelöst werden. Hierzu gab es im April 2016 erste Beratungsgespräche zwischen N und K, ehe K schließlich im Juli 2016 ein Angebot der I‑Bank zur Folgefinanzierung vorlegte. Die Ablösung des Darlehens sollte nach dem von K eingeholten Angebot zum 30.06.2017 erfolgen. N nahm das Angebot an. Voraussetzung für die Auszahlung des Darlehens war allerdings eine Valutenbescheinigung der abzulösenden Bank. Diese wurde der I‑Bank erst im November 2016 vorgelegt, wobei unklar blieb, ob dies daran lag, dass die I‑Bank diese erst spät angefordert hatte oder ob die D‑Bank dem Ersuchen verzögert nachgekommen war. Jedenfalls war aus der Bescheinigung ersichtlich, dass die D‑Bank einer Ablösung erst zum 31.12.2018 zustimmte, anstatt zum 30.06.2017. K verhandelte hierzu noch mit der I‑Bank, diese beharrte aber auf dem mit N geschlossenen Vertrag und forderte Bereitstellungszinsen ab dem 01.07.2017. Ein Widerruf des Vertrages mit der I‑Bank war auch nicht mehr möglich. N forderte daraufhin von K Schadensersatz in Höhe von knapp 8.000 EUR und begründete dies mit der fortwährenden, erhöhten Zinsbelastung aus dem abzulösenden Darlehensvertrag einerseits und den Bereitstellungszinsen aus dem ablösenden Vertrag andererseits. Da es sich um eine wichtige Kundin handelte, beglich K die Forderungen, meldete den Fall anschließend Ihrem Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer und bat um Erstattung des verauslagten Betrages.
B. Deckungsebene
In der Schadensmeldung begründete K Ihr Begehren damit, dass sie es versäumt hätte, die frühzeitige Übersendung der Valutenbescheinigung an die I‑Bank nachzuhalten und dadurch den Schaden der N verursacht hätte. Der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer bewertete den Fall jedoch anders und sah zunächst keine Veranlassung, eine Zahlung zu veranlassen. K sei beauftragt worden, einen Darlehensvertrag zu vermitteln. Dieser Verantwortung sei K gerecht geworden. Die Valutenbescheinigung bei der D‑Bank anzufordern sei, auch nach deren eigenem Vertragswerk, Sache der I‑Bank gewesen. Wenn die Banken sich zu spät gekümmert hätten, seien primär diese in der Haftung, zumal, da von Anfang an klar gewesen sei, dass die Valutenbescheinigung nicht an die K versendet werden würde. Insofern sei N gehalten gewesen, sich an die Banken zu halten. Als Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer hätte man in diesem Fall die Forderungsabwehr betrieben, wenn K durch ihr Anerkenntnis nicht bereits Tatsachen geschaffen hätte. An ein unberechtigtes Anerkenntnis sei man nicht gebunden.
Auf den ersten Blick schien die Entscheidung des Versicherers nachvollziehbar zu sein. Allerdings, dies ging weder aus dem Forderungsschreiben noch aus der Schadensmeldung der K hervor, sondern stellte sich erst im weiteren Verlauf heraus, lag der Fehler der Kreditvermittlerin nicht allein darin begründet, dass die Bescheinigung der abzulösenden Bank nicht nachgehalten wurde, sondern, dass bereits die Frist zur Ablösung des Darlehens falsch berechnet worden war. Denn die Auszahlung des ursprünglichen Darlehens erfolgte in Teilbeträgen bis Ende 2008. Da § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB jedoch auf den „vollständigen Empfang“ abstellt, konnte eine Ablösung in jedem Fall nicht zum 30.06.2017 erfolgen. Damit wären Schadensersatzforderungen hinsichtlich der fortdauernden Zinsbelastung aus dem Ursprungsvertrag tatsächlich obsolet gewesen, weil die N diese in jedem Fall hätte zahlen müssen. Das Anerkenntnis der K war insoweit unbegründet und der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer nicht zur Leistung verpflichtet. Die Bereitstellungszinsen waren dagegen ursächlich auf die von K fehlerhaft berechnete Kündigungsfrist zurückzuführen. K hatte auch den abzulösenden Vertrag vermittelt, kannte dessen Modalitäten und hätte bei der I‑Bank ein Angebot mit deutlich späterem Vertragsbeginn einholen müssen. Ein etwaiges Verschulden der Banken war – entgegen der ursprünglichen Annahme des Versicherers – allenfalls nachgelagert, mit der Folge, dass K durch die von ihr vorab geleistete Zahlung insoweit nur Forderungen anerkannt hatte, die tatsächlich bestanden. Der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer veranlasste deshalb hinsichtlich dieses Postens eine Erstattung an K – abzüglich deren Selbstbehalts.
C. Fazit
Ein Anerkenntnis gefährdet – anders als noch nach altem VVG – nicht mehr per se den Versicherungsschutz aus einer Haftpflichtversicherung. Gleichwohl besteht selbstverständlich keine Verpflichtung für den Versicherer, rechtsgrundlos anerkannte Forderungen zu regulieren. Deshalb ist nach wie vor Vorsicht geboten, ehe entsprechende Erklärungen abgegeben oder Zahlungen geleistet werden.