„Aus drei mach fünf“
Aus der heutigen Beratungslandschaft sind Kooperationen zwischen Maklern mit unterschiedlichen Fachausrichtungen, aber auch mit Pools oder anderen Dienstleistern nicht mehr wegzudenken. Begeht einer der Kooperationspartner einen Fehler, kann das im Einzelfall zu Problemen in der Schadensabwicklung führen.
A. Der Haftungsfall
Zwischen Versicherungsmakler M1 und dem Kunden K bestand seit Mitte 2017 ein Maklervertrag, der sich zunächst nur auf die private Krankenversicherung bezog, jedoch sukzessive auch auf andere Versicherungssparten ausgeweitet wurde. So kontaktierte K den M1 etwa im September 2018, weil ihm von seinem Rechtschutzversicherer signalisiert worden war, dass sein bestehender Vertrag schadensbedingt nur zu einer nicht unerheblichen Mehrprämie über den 31.12.2018 hinaus fortgeführt werden könne, die K nicht bereit war zu zahlen. M1 hatte in seiner täglichen Arbeit allerdings nur wenige Berührungspunkte mit Rechtsschutzversicherungen. Deshalb wandte er sich hilfesuchend an den Versicherungsmakler M2, mit dem er verschiedentlich kooperierte und von dem er wusste, dass dieser über profunde Kenntnisse verfügte, wenn es um Rechtsschutzversicherungen ging. In der Folgezeit entwickelte sich dann eine rege Korrespondenz zwischen K und M1 einerseits und zwischen M1 und M2 andererseits, der wiederum Angebote von mehreren Rechtsschutzversicherern einholte. Am Ende seiner Bemühungen erstellte M2 eine Übersicht zu den unterschiedlichen Versicherungslösungen und leitete diese zusammen mit den vorbereiteten Anträgen an M1 weiter. M1 beriet K auf Grundlage der von M2 erstellten Übersicht. K entschied sich schließlich für das Angebot der A‑Versicherung und unterzeichnete am 29.11.2018 den entsprechenden Antrag. Versicherungsbeginn war der 01.01.2019.
Im April 2019 meldete K der A‑Versicherung in seiner Eigenschaft als Vermieter insgesamt drei Schadensfälle. Die A‑Versicherung lehnte das Rechtsschutzersuchen jedoch ab und verwies auf die Wartezeit von fünf Monaten, die in seinem Vertrag für den Vermieterrechtsschutz vorgesehen sei, was sich in Ansehung der Police als richtig herausstellte. In der Übersicht des M2 war dieser Punkt versehentlich falsch dargestellt worden. K wandte sich daraufhin an M1. Er trug vor, dass er entweder das Angebot der B‑Versicherung oder das Angebot der C‑Versicherung angenommen hätte, wenn er um die längere Wartezeit bei der A‑Versicherung gewusst hätte, auch wenn er dann eine höhere Versicherungsprämie hätte zahlen müssen. Sowohl die B- als auch die C‑Versicherung hätten eine lediglich dreimonatige Wartezeit angeboten. K forderte M1 auf, ihn von den Kosten freizustellen, die die B- oder C‑Versicherung übernommen hätten. M1 versuchte zunächst noch vergeblich eine Einigung mit dem Rechtsschutzversicherer herbeizuführen, meldete den Vorgang dann aber seiner Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung.
B. Deckungsebene
Nach erster Prüfung teilte der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer mit, dass man hier primär M2 bzw. dessen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer in der Verantwortung sehe, weil schadensursächlich dessen fehlerhafte Angebotsübersicht geworden sei. Dementsprechend tendiere man dazu, M1 Abwehrschutz zu gewähren. Das war nun allerdings nicht im Sinne von M1, der sich gegenüber seinem Kunden in der Verantwortung sah und auch um den Fortbestand der Kundenverbindung fürchtete.
Tatsächlich begegnete die erste Entscheidung des Vermögensschaden-Haftpflichtversicherers rechtlichen Bedenken. Denn – so ergab es sich zumindest aus den Antragsunterlagen, Beratungsdokumentationen aber auch der Schilderung von M1 – gegenüber K war M2 überhaupt nicht in Erscheinung getreten. Selbst die von M2 erstellte Übersicht wies nicht auf diesen als Verfasser hin. Insofern konnte man unseres Erachtens K kaum darauf verweisen, einen Makler in Anspruch zu nehmen, zu dem zu keinem Zeitpunkt ein Rechtsverhältnis bestanden hatte.
Dem hielt man dann seitens der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung entgegen, dass K sich aber zumindest ein hälftiges Mitverschulden anrechnen lassen müsse. Auch dies schien uns aber nicht sachgerecht zu sein, da sich K nach geltender Rechtsprechung grundsätzlich darauf verlassen durfte, dass seine Versicherungsangelegenheiten von M1 besorgt würden und er nicht mit einer Pflichtverletzung rechnen musste. Natürlich hätte auch K nach Erhalt der Rechtsschutz-Police die längere Wartezeit auffallen können, letztlich wich diese aber nur in einem einzigen Wort — „fünf“ statt „drei“ – von der Übersicht bzw. der darauf beruhenden Beratung des M1 ab und rechtfertigte kaum die Annahme eines 50%igen Mitverschuldens gegenüber einem Versicherungsunkundigen, noch dazu bei einem komplexen Versicherungsprodukt wie der Rechtsschutzversicherung.
Schlussendich regulierte die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung hier einen Betrag von rund 8.000 EUR, übernahm also diejenigen Kosten, die eigentlich die Rechtsschutzversicherung von K hätte tragen sollen. Zugleich kündigte man — durchaus nachvollziehbar — an, den M2 bei ungünstigem Prozessausgang für K in Regress zu nehmen. Derartige Fälle sind sicherlich nicht unbedingt an der Tagesordnung, kommen aber durchaus vor. So sind uns auch Konstellationen bekannt, in denen Makler für Verstöße haftbar gemacht wurden, die eigentlich auf Fehlern in den Vergleichsrechnern und Programmen von Maklerpools und anderen Dienstleistern beruhten. Scheitert dann eine kundenorientierte Lösung, wie hier am Veto des Rechtsschutzversicherers oder weil sich die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung des Dienstleisters querstellt, macht das die Abwicklung für den Makler nicht unbedingt einfacher.